Fast zehn Jahre ist es her, dass mich dieser seltsame Anruf ereilt hat. „Herzlichen Glückwunsch zum Theodor-Wolff-Preis“, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung. Ich war verwirrt. Die Bewerbung hatte mein Ressortleiter eingereicht, und ich glaubte im ersten Moment an einen Scherz. „Könnte ich das schriftlich haben?“, fragte ich und bat allen Ernstes um ein Fax. Peinlicher geht’s nimmer.

 

Es war dies mein erster Journalistenpreis und dann gleich dieser. Er hat mich verändert, zum Guten wie zum Schlechten. Zum Guten, weil ich mich fortan beim Schreiben noch mehr ins Zeug legte, um mich der Auszeichnung als würdig zu erweisen. Zum Schlechten, weil ich dabei mitunter krampfhaft versuchte, im Journalistenzoo mit den großen Löwen zu brüllen, was im Rückblick betrachtet meinen Texten in der Folge nicht immer guttat.

Der Preis wurde mir für das Porträt einer Bäuerin zuteil, die ihr ganzes Leben gegen den Expansionsdrang des Flughafens kämpfte. Das Neue fraß sich in ihre alte Welt und machte sie zu einer anachronistischen Figur. In letzter Zeit muss ich häufiger an die alte Bäuerin denken, weil es mir ähnlich geht mit dem Journalismus, der sich rasant verändert, und mich als Reportagesaurier mitunter ratlos zurücklässt. In Zeiten schwindender Zuversicht greife ich mir gelegentlich die Bände mit den preisgekrönten Stücken des Theodor-Wolff-Preises. Jedes Jahr lasse ich sie mir schicken, damit ich es schwarz auf weiß habe: es gibt sie noch, die berührenden Geschichten. In ihnen liegt die Zukunft der Zeitung.