Das Stadtteilblättle Birkacher Notizen blickt auf eine 50-jährige Geschichte zurück. Günter Seyfferth ist der zentrale Kopf der Redaktion, und er verrät, ob das Medium seiner Meinung nach das Zeug hat, auch 100 Jahre alt zu werden.

Birkach - Günter Seyfferth empfindet die Bezeichnung „Blättle“ keineswegs als abschätzend. „Ach, die Schwaben und ihre Verniedlichungen. Das ist doch ein Liebesbeweis“, sagt er. Mehr noch, wer vom Blättle redet, meine, dass die Birkacher Notizen eben zu Birkach gehören wie die Alte Dorfstraße. Genau das wolle das Medium auch erreichen, meint er. Seit nunmehr 50 Jahren.

 

Die Aufgabe der Birkacher Notizen sieht Seyfferth darin, dass aus dem Ort für den Ort berichtet wird – und das durchaus meinungsstark. „Wir unterliegen als Ehrenamtler nicht so stark dem Presserecht und müssen deshalb nicht so scharf trennen zwischen Berichterstattung und Meinung“, sagt Seyfferth. Ist sich die Redaktion also einig darin, dass diese oder jene Entwicklung in Birkach kritisch zu sehen ist, hält sie sich mit ihrer Einschätzung gegenüber dem Leser nicht zurück. Seyfferth nennt als aktuelles Beispiel das geplante Wohnquartier auf dem Pallotti-Areal. „Da haben wir schon gefragt, ob das dann auch einmal ins Landschaftsbild passen wird“, sagt Seyfferth.

Birkacher treffen Redakteure auf der Straße

Der Vorteil eines derart lokal verorteten Mediums wie die Birkacher Notizen sei es, dass die Redakteure auch Nachbarn sind. „Man trifft uns auf der Straße und kann Themen an uns herantragen“, sagt er. Sicher, die Redaktion muss dann auch eine gewisse Vorsicht walten lassen, damit aus dem Vorzug kein Nachteil wird. „Wir müssen schon genau prüfen, dass wir uns nicht für die Interessen Einzelner vor den Karren spannen lassen“, sagt Seyfferth. Ein Organ des lokalen Gewerbes oder der Vereine wollen die Birkacher Notizen nicht sein. Gleichwohl lebt das Medium von Inseraten. Die Vereinsberichterstattung nimmt den hinteren Teil des alle drei Monate erscheinenden und stets 64 Seiten umfassenden Magazins ein.

Die Bedeutung der Vereinsberichte hängt auch mit dem Wandel des 1967 als Kirchenblatt der evangelischen Gemeinde gegründeten Hefts zu einem allgemeinen Magazin für die Birkacher zusammen. Nachdem die Vereine 1973 das erste Dorffest miteinander gestemmt hatten, erwachte das Bedürfnis, sich der Öffentlichkeit mitzuteilen und ein lokales Blatt dauerhaft zu unterstützen. Laut Seyfferth war die Einführung der EDV nach dem Jahr 2000 ein Segen, der auch die Zusammenarbeit mit lokalen Vereinen und Gewerbe auf eine fruchtbarere Basis gestellt hat. Denn der Computer erleichtere die Arbeitsschritte, die zur Erstellung der Hefte nötig ist. Die Ehrenamtlichen konnten bald alles selbst am Rechner erledigen – bis auf den Druck. Tätigkeiten gegen Bezahlung nach außen zu vergeben, war nicht mehr nötig. „So konnten wir die Preise für unsere Inserate stabilisieren, und das war gut für die Anzeigekunden“, sagt Seyfferth.

Ende der 90er Jahre habe es weniger rosig für das Medium ausgesehen als heute. Die Kluft zwischen dem Volumen der Hefte und den Inseraten, die sie finanzieren sollten, wurde bedenklich groß. Die Birkacher verhinderten damals durch Spenden eine existenzielle Krise. Solche Interventionen seien heute nicht mehr nötig, sagt Seyfferth. Der nun seit sieben Jahren verwendete Farbdruck habe die Inserate weiter aufgewertet, sagt er. Außerdem würde die Redaktion auf eine gute Qualität der Fotografien Wert legen. Seyfferth hat selbst viel für die Birkacher Notizen fotografiert. Im kommenden Jahr will er sich aus der Redaktion zurückziehen. „Ich bin in einem Alter, wo es Zeit ist, sich etwas freizuschwimmen“, meint er. Ihn haben in den vergangenen Jahren die Möglichkeiten gereizt, ein Medium gestalterisch und inhaltlich zu prägen, sagt er. Nun sollen andere seine Aufgaben in der Redaktion übernehmen.

Menschen verplanen Freizeit

Ein Medium, dass einmal im Quartal erscheine, bedinge ein an Termine gebundenes Engagement. „Das wollen auch viele Rentner heute nicht, weil sie in ihrer Freizeit völlig verplant sind“, sagt er. Wer jede Reise oder kulturelle Veranstaltung mitmachen müsse, könnte die redaktionelle Arbeit mit ihren Abgabefristen und Erscheinungsterminen als einschränkend empfingen, sagt Seyfferth.

Ob es die Birkacher Notizen auch in 50 Jahren noch geben wird, steht für ihn aufgrund der veränderten Erwartungen an ein Ehrenamt in den Sternen. „Ich würde es mir wünschen. Aber es hängt sicher von den Rahmenbedingungen ab.“