Mit einer Stute, die schon auf dem Weg zum Schlachter war, hat Alfred Casper vor 50 Jahren angefangen. Heute ist der Birkhof das zweitgrößte Gestüt im Land.

Donzdorf - Gestütschef zu sein ist ein Vollzeitjob. Alle Nase lang klingelt das Handy, aus ganz Deutschland angereiste Pferdezüchter wollen vom Chef Thomas Casper betreut sein, im Büro stapelt sich die Arbeit, und dann sind da noch die Pferde. 150 tummeln sich in den Ställen und auf den Koppeln des Birkhofs bei Donzdorf. 120 davon nennt die Familie Casper ihr Eigen. Das Aushängeschild des Gestüts sind die Hengste. Sie sind nicht nur schön anzusehen, sondern auch im Pferdesport erfolgreich. Vier Birkhof-Nachkommen waren 2008 bei den olympischen Spielen in Hongkong am Start, drei gewannen Gold. Bei den Olympischen Spielen in London holten der Heraldik-Sohn Abraxxas und seine Reiterin Ingrid Klimke Mannschaftsgold. Deshalb sind die Hengste in Züchterkreisen gefragt. Heute werden auf dem Birkhof mehr Stuten gedeckt als im Haupt- und Landgestüt Marbach, wie Thomas Casper erzählt, der mit seinem Bruder Jürgen das Gestüt im Jahr 1997 von seinem Vater Alfred Casper übernommen hat.

 

Die erste Stute war schon auf dem Weg zum Schlachter

Dagegen nehmen sich die Anfänge äußerst bescheiden aus. Alfred Casper begründete seine Pferdezucht im Jahr 1962 mit einer einzigen Stute, die er zum Schlachtpreis erwarb, da sie an einem Knochenriss litt und eigentlich nicht mehr zu reiten war. Er gipste das Bein ein. Solistin, so hieß das Tier, wurde gesund und zur Stammstute der Casper’schen Zucht. Zunächst aber waren die Pferde nur Hobby. Ihren Lebensunterhalt bestritten die Caspers mit Schweinen.

Durchhaltevermögen und Fleiß gepaart mit Eigensinn und einem guten Riecher sind das Startkapital von Alfred Casper, der in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag feierte. Der Erfolg war ihm nicht in die Wiege gelegt. Als junger Bursche musste er zusammen mit seiner Familie im Jahr 1946 seine Heimat Niederschlesien verlassen. Sein Weg führte ihn nach Norddeutschland. Fünf Jahre später entschloss er sich, in Süddeutschland sein Glück zu suchen. Verwandte hatten ihm von den Gutshöfen des Grafen Rechberg bei Donzdorf erzählt.

Der Graf zieht sich zurück

Tatsächlich wurde er 1956 Verwalter des Birkhofs. Als die gräfliche Familie das Gut im Jahr 1961 an die Landsiedlung veräußerte, erwarb er eine Parzelle mit 22 Hektar. Das Gutshaus konnte sich der frischgebackene Familienvater nicht leisten. 1958 hatte Alfred Casper seine Frau Eleonore geheiratet, ein Jahr später kam der erste Sohn Jürgen zur Welt. Drei Jahre später wurde Thomas geboren.

1970 war ein Jahr der Weichenstellungen. Die Familie erwarb das Fachwerkhaus des ehemaligen Gutshofs und renovierte das heruntergekommene Gebäude. Die Schweinezucht wurde aufgesteckt, dafür das Hobby ausgebaut. 1972 begann man mit der Hengsthaltung – zunächst mit gepachteten Landbeschälern aus Marbach. 1975 bezog der erste eigene Hengst die Stallungen. Das Standbein war damals aber nicht die Zucht, sondern eine Reitschule.

Staatlich anerkannte Besamungsstation

Mittlerweile spielt der Reitunterricht nur noch eine untergeordnete Rolle. Das Gestüt ist dank der geschickten Geschäftspolitik der Familie zu einem Dreh- und Angelpunkt für die Pferdezucht in Deutschland geworden. Stationen auf diesem Weg waren 1987 die Einführung des Fohlenchampionats, bei dem sich die Birkhof-Nachkommen von nah und fern dem Publikum präsentieren. Außerdem wurde der Birkhof 1990 als erstes Privatgestüt eine staatlich anerkannte Besamungsstation.

In all den Jahren ritten Jürgen und Thomas Casper von Erfolg zu Erfolg. Seit den 90er Jahren sind Birkhof-Pferde in allen namhaften Springparcours und Dressurvierecken vertreten. Anteil daran haben Nicole Casper, Thomas Caspers Frau, die schwerpunktmäßig Dressurpferde ausbildet und bei den verschiedenen Prüfungen auch reitet. Jürgen Casper ist für die Springpferdeausbildung zuständig.

Nach Marbach das größte Gestüt im Land

Damit alles rundläuft, sind 18 Angestellte im Einsatz. Mit sechs Azubis ist der Birkhof nach dem Haupt- und Landgestüt Marbach die zweitgrößte Ausbildungsstätte für Pferdewirte im Land. Dennoch ist der Birkhof ein Familienbetrieb geblieben, und Thomas Casper hat trotz aller Erfolge nicht die Bodenhaftung verloren. Das Schönste sei es, wenn im Frühling die Stuten und ihre Fohlen zum ersten Mal auf die Koppel dürften, erzählt er. „Da setze ich mich eine halbe Stunde hin und genieße diesen Anblick.“