Der katholische Priester Franz Pitzal hat fast seine gesamte Zeit als Pfarrer in Renningen verbracht – und als solcher mehr als 150 Länder besucht.

Renningen - Der katholische Pfarrer Franz Pitzal ist in Renningen eine Institution. Seit fast 48 Jahren ist er der Pfarrer der Kirchengemeinde und weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt. Seine Priesterweihe erhielt er vor genau 50 Jahren. Dieses Jubiläum hat er am Sonntag gefeiert. Im Gespräch mit unserer Zeitung erzählt er von Erlebnissen, die ihn besonders geprägt haben – und davon, wie eine einzige Stunde darüber entschieden hat, ob er Priester wird.

 

Herr Pitzal, können Sie sich noch gut an Ihre Priesterweihe erinnern?

Natürlich. Alles andere wäre, als würde jemand seine eigene Hochzeit vergessen. Das war in Aalen in der Salvatorkirche bei Bischof Carl Joseph Leiprecht. Bei der Priesterweihe gehört es zum Beispiel dazu, dass man sich ausgestreckt auf den Boden legt, bevor der Bischof einem die Hand auflegt. Ich weiß noch, dass mir das sehr recht war, denn da unten habe ich niemanden gesehen und war ganz für mich.

Wollten Sie immer Priester werden?

Ich war dem Sozialen immer schon sehr zugewandt. Aber angefangen habe ich als Arbeiter und bin in der Arbeitswelt auch verankert. Ich bin 1936 in Iglau geboren und kam kurz nach dem Krieg als Heimatvertriebener erst nach Österreich und ein Jahr später nach Leinzell im Ostalbkreis. Dort ging ich zur Schule und habe dann in der Uhrenfabrik Bifora gelernt und dort sieben Jahre gearbeitet.

Wie kamen Sie dann zur Theologie?

Ich wollte nicht zeitlebens mit toter Materie zu tun haben. Ich wollte mit Menschen zu tun haben. Mein alter Pfarrer in Leinzell hat mich außerdem nachhaltig beeindruckt. Er hat sich sehr stark gegen den Nationalsozialismus eingesetzt und eine klare Haltung gezeigt. Und nachdem ich in Leinzell in der Jugendarbeit sehr aktiv war, wurde ich für zwei Jahre als Jugendleiter nach Wernau geholt. Wie sie da ausgerechnet auf mich kamen, weiß ich bis heute nicht. Ich wusste aber: Ich kann nicht ewig Jugendlicher bleiben. Ich wollte deshalb nach Freiburg, um Sozialreferent zu werden.

Aber es kam anders. Weshalb?

Das war eine Entscheidung, die innerhalb von einer Stunde gefallen ist. Ein Freund sagte zu mir: „Du hast die Chance, ins Ambrosianum nach Cannstatt zu gehen und dort dein Abitur nachzuholen.“ Wenn man dort sein Abi gemacht hat, war man berechtigt, Theologie zu studieren. Aber ich hatte nur eine Stunde, um mich zu entscheiden. Ich habe Ja gesagt.

Wie war die Schulzeit so?

Das waren die härtesten Jahre meines Lebens. Ich habe mich schon immer schwergetan mit Sprachen, bis heute kann ich kein Englisch. Aber dann auch noch Latein und Griechisch! Das anschließende Studium in Tübingen hat mir nichts ausgemacht, aber das Abi war wirklich hart. Eigentlich hätte ich nicht bestehen dürfen, aber sie haben mich mit einer 3 in Physik „rübergelupft“. Ich wusste, dass ich die nicht verdient habe. Aber das hat mir den weiteren Weg erschlossen.

Wie hat Sie dieser Weg nach Renningen geführt?

Nach meiner Priesterweihe wurde ich nach Kornwestheim geschickt. Dort war ich bereits als Diakon, und noch heute habe ich enge Verbindungen dorthin. Kurze Zeit später bekam ich in der Adventszeit den Auftrag, für zwei bis drei Wochen als Aushilfe nach Renningen zu gehen. Aus diesen drei Wochen sind dann 48 Jahre geworden. (lacht)

Sie haben also als „Interimspfarrer“ angefangen?

Nicht nur das. Offiziell bin ich immer noch Pfarrverweser. Ich bin hier nie offiziell als Pfarrer eingesetzt worden, bis zum heutigen Tag. Es wurde nie angeordnet, und ich habe nie darauf bestanden.

48 Jahre! Sonst ist es üblich, dass Pfarrer ihre Standorte regelmäßig wechseln.

Sie wollen wissen, warum ich immer noch hier bin? (lacht) Offengestanden weiß ich das selbst nicht. Es hat sich einfach nie ergeben, woanders hinzugehen. Vielleicht hat man auch einfach immer von einer Veranstaltung und Aktion zur nächsten gelebt. Aber es ist interessant: Ich war schon in so vielen Ländern der Welt, aber als Pfarrer war ich quasi immer nur in einer Gemeinde. Man kann wohl sagen: Ich war überall und nirgendwo.

Wo sind Sie denn schon überall gewesen?

Das waren auf jeden Fall mehr als 150 Länder. Ich denke, ich war schon in allen Ländern der Welt, auch in den politisch heißen. Ich war in Tschernobyl, in Vietnam, im Irak und im Iran, in Syrien, ich habe auf Kuba nach Guantanamo hinübergesehen und war sogar in Nordkorea.

Welche Ereignisse in Renningen haben Sie nachhaltig geprägt?

Da ist natürlich meine Liebe zur Krippe, aus der irgendwann die Renninger Krippe erwachsen ist, die weit über Renningen hinaus bekannt ist. Und ich habe so viele interessante Menschen kennengelernt, ich habe allein drei Päpste getroffen: Johannes Paul II., Papst Benedikt, dem ich extra ein paar Maultaschen mitgebracht habe, und Franziskus. Oder allein wie viele Spenden aus Renningen wir in den letzten 48 Jahren in die Welt schicken konnten. Das waren auf jeden Fall mehr als zehn Millionen Euro.

Das sind große Namen und große Zahlen. Gab es auch kleine Momente, die Sie beeindruckt haben?

Natürlich. Aber das sind so viele, die kann man nicht aufzählen und auch nur schwer benennen. All die Momente mit den Menschen, deren Namen man kaum gekannt hat: Besuche am Krankenbett, die alleinerziehende Mutter, die plötzlich vor der Tür steht, ein Bedürftiger, der vorbeikommt und um Hilfe bittet. Diese kleinen Momente der Menschlichkeit, das Menschliche überhaupt, das bleibt.