Der World Wildlife Fund (WWF) feiert seinen 50. Geburtstag - und muss sich ausgerechnet im Jubiläumsjahr mit schweren Vorwürfen auseinandersetzen.

Stuttgart - Der Tiger steht stellvertretend für sehr viele Tierarten dieser Welt: Ob im tropischen Regenwald oder im fernen Osten Russlands, die Großkatze ist seit Langem vom Aussterben bedroht - weil Menschen sie skrupellos jagen, mittlerweile illegal. Aber noch immer ist der Handel mit dem Raubtier lukrativ. In China etwa sind Körperteile des Tigers in der traditionellen Medizin begehrt und gut bezahlt. Zu schaffen macht den Tieren zudem die Abholzung ihrer Heimatwälder sowie die Jagd ihrer klassischen Beutetiere.

 

Der Willen zum Schutz dieser Tiere ist beinahe so alt wie die Geschichte des World Wide Fund for Nature, der auch heute noch meist bei seinem ursprünglichen Namen World Wildlife Fund (WWF) genannt wird. Die Organisation steht für den Erhalt der biologischen Vielfalt, den Klimaschutz, die Nachhaltigkeit: "For a living Planet" (für einen lebendigen Planeten) lautet der bekannte Slogan des WWF. Vor 50 Jahren rüttelten die 16 Gründerväter - Wissenschaftler, Geschäftsleute und Politiker - in einer "Schockausgabe" des "Daily Mirror" die britische Öffentlichkeit wach.

Durch unser Tun, so erklärten die Autoren, würden bald Nashörner, Antilopen oder Galapagos-Schildkröten vom Erdboden verschwunden sein. Die entsetzten Briten spendeten innerhalb einer Woche 60.000 Pfund (350.000 Euro) an den Club. Aus dieser Aktion wurde eine Erfolgsgeschichte und der WWF zu einem der mächtigsten Verbände, mit nationalen Sektionen in mehr als 100 Ländern. 1963 wurde die Niederlassung in Deutschland gegründet - hier kümmerte man sich zunächst um den Schutz der europäischen Greifvögel.

WWF wird mit Vorwürfen konfrontiert

Ausgerechnet im Jubiläumsjahr müssen sich die Naturschützer mit schweren Vorwürfen auseinandersetzen: In der WDR-Dokumentation "Der Pakt mit dem Panda", die vor einigen Wochen in der ARD ausgestrahlt wurde, greift der mehrfach mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Filmer Wilfried Huismann die Umweltschützer an. Der WWF muss sich eine zu große Nähe zur Industrie und zur Gentechnik vorwerfen lassen. Zudem seien viele Projekte weder von Erfolg gekrönt noch umwelttauglich. Statt geschützter Tiere in einer artgerechten Umgebung werden in dem Film zwangsumgesiedelte Naturvölker, von Ökotouristen gestörte Tiger, unendlich lange sich hinziehende Soja-Monokulturen und Palmenplantagen gezeigt.

Nicht nur WWF-Spender lässt dies ratlos zurück. Zwar ist der Vorwurf der Industrienähe nicht ganz neu. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Umweltschutzorganisationen nimmt der WWF auch Spendengeld aus der Industrie an. Bereits in den Gründungsjahren hat man eng mit Wirtschaft und Adel zusammengearbeitet.

Auch der Tiger kommt in der Dokumentation schlecht weg

Allerdings erscheint es doch merkwürdig, so zeigt Huismann in dem Film, dass der WWF mit Agrarriesen wie dem Agrarunternehmen Monsanto (hier bekannt in der Diskussion als Unternehmen, das gentechnisch veränderten Mais anbietet) oder Palmölproduzenten (Palmenplantagen verdrängen immer mehr Regenwald) an "runden Tischen" zusammensitzt. Der WWF würde dabei diesen Konzernen die nachhaltige Produktion von Soja und Palmöl bescheinigen. So wird seit 2010 genmanipuliertes Soja von Monsanto vom "Runden Tisch für verantwortungsvolle Sojaproduktion" als nachhaltig zertifiziert. Noch nachdenklicher stimmt es, dass sich herausragende Funktionsträger wie Jason Clay vom amerikanischen WWF in der Dokumentation klar für gentechnische Methoden in der Landwirtschaft aussprechen und sich dafür einsetzen, diese noch viel stärker in der Nahrungsmittelproduktion zu nutzen.

Auf seiner Homepage reagiert der WWF mit einem "Faktencheck". Dort ist zu lesen: "Der WWF hat international eine klare Position zur Gentechnik: Er lehnt Gentechnik ab. Dies wird er so lange tun, bis bewiesen ist, dass gentechnisch veränderte Pflanzen absolut unbedenklich für Umwelt, Biodiversität und uns Menschen sind". Diese Position gelte für alle Länderorganisationen. Allerdings hätten einzelne Organisationen eine abweichende Meinung. Der WWF Deutschland lehne Gentechnik ab.

Spendenmagnet

Auch der Tiger, seit jeher ein Spendenmagnet, kommt in der Dokumentation schlecht weg: Die Raubkatzen werden von gut zahlenden Ökotouristen in ihren Jeeps gestört, und dabei würde auch der Wald zerstört. Das weist der WWF zurück: Der Tourismus als wichtige Einnahmequelle der lokalen Bevölkerung sichere die Wälder. Zudem fließe ein Teil des Geldes in den Schutz der Tiere, die sich keineswegs gestört fühlten, seitdem sie nicht mehr gejagt würden. Auf den Vorwurf, das Tigerprojekt sei gescheitert, da es zu wenige der Raubkatzen gebe, verweist der WWF auf viele verschiedene Projekte. So ist der Naturschutzverband maßgeblich daran beteiligt, dass der sibirische Tiger als Herrscher der Taiga künftig unbehelligt leben soll. Auf dem "Tigergipfel" in St. Petersburg 2010 einigten sich die Staatspräsidenten und Minister aller Tiger-Verbreitungsstaaten, bis 2022 die Anzahl der jetzt lebenden 3200 Tiger verdoppeln zu wollen.

Eine Stellungnahme des WWF gibt es hier.