Mit großer Verzögerung hat am Marstallcenter der Bau eines Garni-Hotels mit 55 Zimmern begonnen. Der Tourismusmanager Elmar Kunz lässt zurzeit untersuchen, ob Ludwigsburg noch mehr Fremdenzimmer vertragen kann.

Ludwigsburg - Als sich der Ludwigsburger Oberbürgermeister vor einigen Jahren ein Grand Hotel im Gesandtenbau wünschte, war der Aufschrei der Hoteliers groß: Die Branche habe schon genug zu kämpfen, noch mehr Betten bedrohten das Gastgewerbe in seiner Existenz. Das Grand Hotel wurde nicht gebaut, dafür aber ist seither ein Hotel im Bleyleareal hinzugekommen, und seit vergangener Woche wird an einem 55-Zimmer-Haus an der Bauhofstraße gebaut. Also alles nicht so schlimm?

 

Karl-Heinz Czaker, Hotelier in Gerlingen und Vorsitzender der Ludwigsburger Kreisgruppe im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), denkt mit Graus an die Jahre unmittelbar nach der Finanzkrise 2008: Damals habe die Branche darben müssen, denn wenn gespart werden müsse, treffe das ganz schnell die Hotellerie. Inzwischen sei das zum Glück Schnee von gestern. Die Frage, ob im Kreis oder in der Stadt Ludwigsburg weitere Hotels oder Pensionen gebaut werden müssen, möchte er dennoch nicht beantworten. Aber Czaker sagt: „In der Wochenmitte haben wir alle einen Engpass.“ Sprich: dienstags und mittwochs reichen die vorhandenen Kapazitäten nicht aus, was vor allem mit der boomenden Wirtschaft und den Geschäftsreisenden zu tun hat.

Wer profitiert noch vom Fremdenverkehr?

Das bestätigt auch Elmar Kunz, der neue Leiter der Abteilung Tourismus im Ludwigsburger Eigenbetrieb Tourismus und Events. „Unter der Woche und zu Messezeiten könnte es mehr Betten in Ludwigsburg geben.“ Das seien auch die Tage, an denen das ursprünglich im Sinn einer Sharing Economy gegründete Unternehmen Airbnb der klassischen Hotellerie Kunden wegschnappe und sie an die Anbieter von Privatwohnungen vermittle.

Czaker meint, für die relativ wenigen Tage, an denen die Nachfrage nicht durch Fremdenzimmer gedeckt werden könnten, lohne der Bau von Hotels nicht. Kunz will dagegen erst einmal die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen abwarten, die der Ludwigsburger Tourismusbetrieb in Auftrag gegeben hat. Dazu gehören neben einer Analyse des Airbnb-Angebots in der Stadt eine Befragung von Firmen und 300 zufällig ausgewählten Privatpersonen.

Die Unternehmen werden nach dem Übernachtungsbedarf für Mitarbeiter und Kunden befragt, während die Bürger erzählen sollen, ob und wenn ja wie oft sie Freunde und Bekannte in den eigenen vier Wänden beherbergen. „Auch das sind Besucher der Stadt, die hier auch Geld ausgeben“, sagt Kunz und spricht damit eine weitere Analyse an, die so bisher für Ludwigsburg noch nicht erstellt wurde. „Wir wollen herausfinden, wer alles außer dem Schloss und dem Blüba von den Gästen profitiert“, sagt der Tourismusmanager.

Für die Region seien diese Zahlen bereits erhoben worden. Bezogen auf die Region sei außerdem klar, dass mehr Hotelbetten gebraucht würden. Ob das auch für die Stadt Ludwigsburg zutreffe, wisse man spätestens im Sommer. Dass das Team von Campuszwei nun nördlich des Marstallcenters ein neues Hotel baut, hält Kunz jedenfalls für ein Indiz. Der Investor lasse sich das schließlich einiges kosten.

Investor abgesprungen

Tatsächlich hat der Gemeinderat schon vor vier Jahren über den Neubau an der Bauhofstraße debattiert. Damals hatte einigen Stadträten missfallen, dass bei diesem Siegermodell eines Architektenwettbewerbs alles aus Holz gebaut wird und auch die Dachgestaltung sich nicht in die Umgebung einfüge. Nachdem das Stuttgarter Konzeptbüro Von M den Entwurf leicht korrigiert hatte, gab auch der Bauausschuss grünes Licht. Dass trotzdem nicht gebaut wurde, lag daran, dass „uns der erste Investor trotz mündlicher Zusage plötzlich verlassen hat“, wie Campuszwei-Geschäftsführer Harald Kilgus beim verspäteten Spatenstich sagte. Mittlerweile konnte ein neuer Investor für die Idee begeistert werden. Das einst für etwa vier Millionen Euro konzipierte Haus wird nun wohl mehr als sechs Millionen Euro kosten. Es soll 2019 nach 14 Monaten Bauzeit öffnen.

Zur Idee gehört eine Kohlenstoffdioxid neutrale Bauweise. Nur das Fundament werde aus Beton, alles übrige aus Holz gebaut, sagte Kilgus. Die einzelnen Zimmer würden vorgefertigt und an Ort und Stelle aufeinander gestapelt. Insgesamt biete das künftige Hotel Garni 55 Räume in der Drei-Sterne-Kategorie.