Seit 56 Jahren singen die Europäer nun schon beim internationalen Schlagerwettbewerb um die Wette – einige Superlative und Kuriositäten.  

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Erfolgsgarant ist eine Teilnahme beim Song Contest nicht zwangsläufig. Abba, die 1974 mit dem Siegertitel "Waterloo" ihre internationale Karriere begründeten, gewannen damals in Brighton nur knapp. Udo Jürgens musste von 1964 bis 1966 sogar dreimal antreten - erst dann hat's mit "Merci Chérie" und der Weltkarriere geklappt. Ein prominenter Name verspricht ebenfalls nicht automatisch Erfolg. Die Französin Patricia Kaas wurde vor zwei Jahren nur Neunte, vor vier Jahren schied der Schweizer DJ Bobo sogar im Halbfinale aus.

 

Unterkünfte in Düsseldorf an diesem Wochenende? Ein ganz schlechtes Thema! Geschickterweise lässt man in Düsseldorf an diesem Wochenende zeitgleich auch noch die weltgrößte Verpackungsmesse stattfinden, so dass die gerissenen ortsansässigen Hoteliers ihre Doppelzimmerpreise jenseits der Zweihunderteuromarke beginnen lassen. Findig indes zeigen sich die Kneipenwirte in der Düsseldorfer Altstadt, der angeblich längsten Theke der Welt. Sie bieten das "Lena-Gedeck" feil, ein Altbier mit Lakritzlikör. Klingt das nicht lecker?

Contest hat obskure Regeln zu bieten

Ralph Siegel darf wieder die beleidigte Leberwurst geben. 18-mal war der Schlagerkomponist zwar schon dabei, hat der Welt Songperlen wie "Dschingis Khan", "Theater" und schließlich auch Nicoles Sieg 1982 mit "Ein bisschen Frieden" beschert. Wenn er nicht für Deutschland schreiben durfte, versuchte Siegel sein Glück in Luxemburg, Malta oder Bosnien. Diesmal muss er draußen bleiben und reagierte prompt mit der für große Künstler bekannten Mimosenhaftigkeit: er wird nicht müde zu betonen, dass er der einzige Deutsche ist, der einen Siegertitel für Deutschland geschrieben hat - nur weil Lenas "Satellite" von einem dänisch-amerikanischen Komponistenduo geschrieben wurde.

Obskure Regeln hat der Song Contest reichlich zu bieten. Die Interpreten müssen mindestens 16 Jahre alt sein, jeder Interpret darf in einem Jahr nur für ein Land antreten, es dürfen nicht mehr als sechs Personen auf der Bühne mitwirken, Lied oder Auftritt dürfen keine politische Botschaft enthalten oder dem Image des Liederwettbewerbs schaden. Und am wichtigsten: beim Auftritt dürfen keine Tiere mitwirken.

Wer beim Punktegleichstand entscheidet

Voting gibt es nicht nur durch das Fernsehpublikum, sondern auch durch fünfköpfige Expertenjurys. Bei einem Punktegleichstand entscheidet dabei seltsamerweise das jüngste Mitglied der Jury. Eingeführt wurde das, um zu verhindern, dass sich die haufenweise dazugekommenen Osteuropäer gegenseitig die Punkte zuschustern. Das tun sie natürlich trotzdem. Somit ist das Resultat jetzt nicht gerechter, aber immerhin intransparenter.

Israel gehört als Teilnehmer bekanntlich so sehr zu Europa wie Aserbaidschan. Aber gut, Marokko war 1980 auch schon mal beim Grand Prix dabei, und für die Schweiz nahm 1988 die Kanadierin Céline Dion teil. Für die Israeli singt diesmal allerdings wieder die transsexuelle Dana International, die schon 1998 antrat und prompt gewann. Sie wird auch fesch gekleidet sein, im Gegensatz zu ihrer "Landsfrau" Ilanit, die 1973 bei der ersten Teilnahme Israels in Luxemburg mit einer kugelsicheren Weste auftrat. Liechtensteins Aufnahme in die Runde ist leider noch nicht abgeschlossen, 2012 soll es aber so weit sein. Dann gibt es nur noch ein europäisches Land, das nie dabei war: der Vatikanstaat.

Irland ist am erfolgreichsten

Spaßvögel sind das Salz in der Grand-Prix-Suppe. Manchmal gewinnen sie sogar (wie 2006 Lordi aus Finnland mit "Hard Rock Hallelujah"), oft wie die deutschen Vertreter Guildo Horn und Stefan Raab aber auch nicht. 1996 schied Deutschland sogar in der Vorrunde aus. Seitdem sind "wir" für das Finale gesetzt. Was auch ganz gut ist, denn Vorsicht vor vorschnellem Spott über andere: Deutschland kam schon sechsmal auf den letzten Platz.

Irland hingegen ist mit sieben Siegen das erfolgreichste Land, Johnny Logan gewann sogar zweimal als Sänger (1980 mit "What's another Year" und 1987 mit "Hold me now") sowie einmal als Komponist. Gar nichts zu ernten gibt es für Portugal: schon 44-mal waren sie dabei, aber nie unter den Top Fünf. Daran werden, ohne ihnen nahetreten zu wollen, auch dieses Jahr die Teilnehmer Homens de Luta mit "A luta e alegria" nichts ändern. Die Buchmacher sehen sie standesgemäß auf dem letzten Platz.

Zickengehabe hinter den Kulissen

Obergrenze für die Songlänge sind drei Minuten. Das britische Lied "All" dauerte einst nicht einmal zwei Minuten, Heidi Brühl braucht 1963 nur zwei Minuten und sechzehn Sekunden für - nomen est omen - "Marcel das geht mir viel zu schnell".

Nervosität, Anspannung und Zickengehabe hinter den Kulissen sind nicht zu unterschätzen: Cliff Richard schloss sich seinerzeit gar ins Klo ein, weil er seinen zweiten (!) Platz hinter "La, la, la" nicht verwinden konnte - hatte er doch mit "Congratulations" den Sieg fest eingeplant.