60 Jahre Stuttgarter Ballett Sechs Fragen an Eric Gauthier

Von Kanada nach Stuttgart: Eric Gauthier war als Tänzer ein Publikumsliebling des Stuttgarter Balletts, heute bringt er die Tänzer von Gauthier Dance groß heraus. Foto: Maks Richter

Einstige Tänzer des Stuttgarter Balletts sind weltweit als Direktoren begehrt. Wir haben sie nach ihren Stuttgarter Wurzeln gefragt – heute: Eric Gauthier.

Stadtleben/Stadtkultur/Fildern : Andrea Kachelrieß (ak)

Stuttgart - Von Montréal bis Seoul, von Hannover bis Ljubljana: Viele ehemalige Tänzer und Tänzerinnen des Stuttgarter Balletts sind heute selbst als Direktoren erfolgreich. Zum 60-Jahr-Jubiläum des Stuttgarter Balletts haben wir bei diesen Erben John Crankos nachgefragt, was sie mit dem Stuttgarter Ballett verbindet – heute bei Eric Gauthier. Der gebürtige Kanadier kam 1996 zum Stuttgarter Ballett und tanzte hier bis zur Gründung seiner eigenen Kompanie Gauthier Dance.

 

Was haben Sie vom Stuttgarter Ballett mitgenommen, das Ihnen bis heute hilft?

Was das Tanzen anbelangt: Harte Arbeit zahlt sich aus! Vor allem aber habe ich von Reid Anderson gelernt, wie man eine Kompanie leitet: mit Herz und Ehrlichkeit gegenüber den Mitarbeitern. Wer auf und an der Spitze tanzen will, braucht eine spitze Führung.

Ihr Lieblingsstück im Stuttgarter Repertoire?

Zu viele, um nur eines auszuwählen. Am meisten gelernt habe ich bei „Approximate Sonata“ von William Forsythe. Ich war ganz jung, 19 oder 20, und durfte nach Frankfurt reisen für Proben mit Bill. Damals hab ich mich in den zeitgenössischen Tanz verliebt – diese Zeit hat mir eine neue Welt eröffnet. Mein Lieblingsstück von John Cranko ist „Romeo und Julia“ wegen...

Ihre Lieblingsrolle als Tänzer?

...Mercutio! Nie war ich so gern auf der Bühne wie in dieser Rolle, sie ist das geheime Zentrum, geradezu die Essenz dieses unglaublichen Stücks – in der Mitte zwischen so viel Hass und Liebe, Leben und Tod, Humor und Ernst.

Eine Rolle, die Sie gerne getanzt hätten, aber nie durften?

Nicht nur eine, nein jeder der Prinzen, die ich nie sein durfte. Heute sehe ich das mit Humor und kann zum Glück sagen: Ich hatte und habe eine tolle Karriere auch ohne Siegfried oder Romeo...

Um was beneiden Sie das Stuttgarter Ballett?

Um den Etat.

Ohne das Stuttgarter Ballett wäre ... ich nie nach Deutschland gekommen, hätte keine Familie hier – und hätte nie Schwäbisch gelernt.

Zur Person: Eric Gauthier, 1977 in Montréal geboren, steht bis heute als Choreograf, Tänzer und Musiker auf der Bühne. Seine Ausbildung zum Tänzer erhielt er am kanadischen Nationalballett.

1996 kam er mit Reid Anderson nach Stuttgart, 2002 wurde er zum Solisten befördert und war einer der Publikumslieblinge des Stuttgarter Balletts.

2005 gab Gauthier sein Debüt als Choreograf, 2011 erhielt den Deutschen Tanzpreis Zukunft.

Seit 2007 leitet er das Ensemble Gauthier Dance am Theaterhaus.

60 Jahre Stuttgarter Ballettwunder

In einem besonderen Angebot für unsere Digital-Plus-Abonnenten machen wir die spannende Geschichte des Stuttgarter Balletts lebendig. Im Dialog mit Zeitzeugen und einer jungen Generation wird anschaulich, wie sich die Kompanie an die Weltspitze tanzte und dort hält. Mit diesen Artikelserien feiern wir das Jubiläum des Stuttgarter Balletts:

Als das Wunder wahr wurde Wir haben im Archiv nach Erinnerungen an seinen Erfinder John Cranko gesucht und eine 2007 veröffentlichte Interview-Serie mit Weggefährten des Choreografen entdeckt.

► Ray Bara Lesen Sie hier, wie Ray Bara seine Wohnung für John Cranko räumte.

► Reid Anderson Wie Eiskunstlauf den Tanz inspirierte: Lesen Sie hier Reid Andersons Erinnerungen

► John Neumeier Bereit für Rebellion und Experimente: Lesen Sie hier John Neumeiers Erinnerungen

► Gundel Kilian Wer einfach drauflos knipste, flog raus: Gundel Kilian erinnert sich

► Richard Cragun Lesen Sie hier, was der 2012 verstorbene Tänzer Richard Cragun über Crankos britischen Geschmack sagte.

► Birgit Keil Lesen Sie hier, wie Birgit Keil zu Crankos „Baby-Ballerina“ wurde.

► Friedrich Lehn Wie Cranko Stau zu Tanz machte: Friedrich Lehn erinnert sich

► Marcia Haydée Lesen Sie hier Marcia Haydées Bericht von ihren ersten Auftritten in Stuttgart.

► Egon Madsen Lesen Sie hier Egon Madsens Erinnerungen an eine besondere Party in New York.

► Georgette Tsingurides Lesen Sie hier Georgette Tsingurides’ Erinnerungen an Zigaretten, Hunde und kleine Feuer im Ballettsaal.

► Fritz Höver Lesen Sie hier, was der 2015 verstorbene Gründer der Noverre-Gesellschaft mit Cranko auf Reisen erlebte.

► Jürgen Rose Lesen Sie hier, wie John Cranko Zeichnungen des Bühnenbildners zerriss.

► Vladimir Klos Lesen Sie hier Vladimir Klos Erinnerungen an die letzte Tournee mit John Cranko.

Forsythe, Kylián und Co Das Stuttgarter Ballett war schon immer eine Kompanie, die Tänzer stark gemacht hat. So stark, dass sie weltweit als Direktoren begehrt sind. Wir haben sie nach ihren Stuttgarter Wurzeln gefragt.

► Ivan Cavallari Sechs Fragen an den Direktor der Grands Ballets Canadiens in Montreal

► Sue Jing Kang Sechs Fragen an die Direktorin des koreanischen Staatsballetts

► Filip Barankiewicz Sechs Fragen an den Direktor des tschechischen Staatsballetts

► Marco Goecke Sechs Fragen an den Ballettdirektor am Staatstheater Hannover

► Christian Spuck Sechs Fragen an den Direktor des Balletts Zürich

► Bridget Breiner Fragen an die Direktorin des Badischen Staatsballetts

► Renato Zanella Fragen an den Direktor des Balletts an der Staatsoper Slowenien

► Eric Gauthier Fragen an den Leiter von Gauthier Dance

► Demis Volpi Fragen an den Direktor des Balletts am Rhein in Düsseldorf

Weitere Beiträge sind in Vorbereitung.

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