Drei Tore in elf Minuten – und dann kam es noch schlimmer. Die Stuttgarter gehen beim FC Bayern mit 1:6 unter, und der Stürmer Vedad Ibisevic sieht die Rote Karte. Das Spiel in der StZ-Analyse.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

München - Ganz am Schluss zeigt sich Thorsten Kienhöfer von seiner gnädigen Seite. Ganze fünf Sekunden lässt der Schiedsrichter nachspielen, dann pfeift er ab – und erlöst den VfB an einem ganz bitteren Sonntagabend von seinen Leiden.

 

Mit 1:6 (1:3) sind die Stuttgarter am Sonntag beim FC Bayern untergegangen und stehen nach dem zweiten Spieltag ganz am Ende der Tabelle. Als sehr unglückliche Niederlage gegen einen starken Gegner hatten die Verantwortlichen noch in der Vorwoche das 0:1 gegen Wolfsburg abgetan. Nach der Pleite jedoch dürften sich grundsätzliche Fragen stellen – nicht nur weil Wolfsburg gestern auf eigenem Platz 0:4 gegen Hannover verloren hat. Das Debakel beim Rekordmeister war mehr als nur eine Niederlage, weil der VfB im Defensivverhalten erschreckende Mängel offenbarte und zudem den Stürmer Vedad Ibisevic verlor, der nach einer Tätlichkeit die Rote Karte sah.

Cacau mit grippalem Infekt

Der VfB hatte mit der gleichen Mannschaft wie unter der Wochen in Moskau begonnen, also auch mit Gotoku Sakai, der erneut den am Knie lädierten Tim Hoogland ersetzte. Cacau fiel kurzfristig aus, ihn stoppte, genau wie den Münchner Arjen Robben, ein grippaler Infekt.

Mit dem Rückwind des Erfolgs auf der internationalen Bühne begann der VfB durchaus schwungvoll und selbstbewusst. Nicht nur verteidigen, sondern mutig den Weg nach vorne suchen, das war die Strategie von Labbadia, die zunächst aufging – und sich später bitter rächen sollte. Bereits nach vier Minuten hatte Martin Harnik die ganz große Chance zum Führung – mit den Fingerspitzen lenkte der Bayern-Torwart Manuel Neuer den Schuss des VfB-Stürmers an die Unterlatte.

Erneut Harnik, der in der Schlussphase mit einer Oberschenkelverletzung ausschied, nahm dann eine Freistoßflanke von Arthur Boka volley und traf von halbrechts über Neuer hinweg ins lange Eck (22.). Groß war der Jubel beim VfB, schon blühten erste Träume von einem der ganz seltenen Auswärtssiege in München – doch die Landung in der Realität kam unverzüglich und war brutal. Denn nun drehten die Bayern auf und machten bis zur Pause aus dem 0:1-Rückstand eine komfortable 3:1-Führung – mit sehr freundlicher Unterstützung des VfB.

Drei Tore in elf Minuten

Im zweiten Anlauf besorgte zunächst Thomas Müller den Ausgleich, nachdem der VfB-Torwart Sven Ulreich einen Schuss des Nationalspielers nach vorne hatte apprallen. Nur Sekunden nach dem darauf folgenden Anspiel vertändelte Shinji Okazaki den Ball fahrlässig im Mittelfeld. Toni Kroos bedankte sich und schoss den Ball von der Strafraumgrenze unter der Latte. Und schließlich dachte beim VfB niemand daran, im Mittelfeld Luiz Gustavo anzugreifen, was der Brasilianer zu einem beherzten Distanzschuss nutzte. Vom linken Innenpfosten prallte der Ball ins VfB-Tor.

Drei Tore hatte der VfB binnen elf Minuten kassiert – und niemand konnte sich vorstellen, dass es noch schlimmer kommen konnte. Kam es aber. Denn ganze vier Minuten reichten den Münchnern nach der Pause, um aus einem 3:1 ein 6:1 zu machen. Allzu schwierig war das nicht, weil die zuletzt stabile Defensive des VfB völlig auseinanderfiel. Mario Madzukic traf zum 4:1 (47.), erneut Thomas Müller zum 5:1 (49.), nachdem die Bayern im Anschluss an eine Ecke des VfB überfallartig gekontert hatten. Und schließlich durfte sich sogar noch Bastian Schweinsteiger verloren gegangenes Selbstvertrauen zurückholen – unbedrängt köpfte der Nationalspieler den Ball an Ulreich vorbei ins linke Eck (51.).

Die Bayern, bei denen nach 77 Minuten der spanische 40-Millionen-Euro-Einkauf Javi Martinez ins Spiel kam, hatten anschließend genug und verzichteten darauf, die Führung noch weiter auszubauen. Für den VfB hielt die Partie trotzdem einen weiteren Tiefschlag bereit: Im Anschluss an einen Zweikampf mit Jerome Boateng rempelte Ibisevic den Bayern-Verteidiger und sah von Thorsten Kienhöfer die Rote Karte. Es war eine harte Entscheidung. Gnädig zeigte sich der Schiedsrichter erst ganz am Schluss.