Ruhm für „The Revenant“: Regisseur Alejandro González Inárritu und Schauspieler Leonardo DiCaprio gewinnen drei Golden Globes. Es gibt aber auch komische Preise.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Los Angeles - Filmfreunde, die den Oscar-Rummel als völlig überschätzte, weil im Kern hirnlose Glamour-Show missachten, führen als Argument für diese zweifellos hochsubtile Form der Amerikakritik gern die sieben Wochen zuvor verliehenen Golden Globes ins Feld. Erstens, so die Behauptung, seien die Kategorien bei diesem Filmpreis viel gerechter. Die Haupt-Globes gibt es nämlich traditionell immer gleich doppelt, einmal in der Abteilung Filmdrama und einmal in der Abteilung Komödien und Musicals. Und es stimmt ja: leichte, lustige Filme kommen bei den Oscars traditionell zu kurz, Regisseure und Darsteller von Komödien und Musicals fallen hier fast immer durchs Rost.

 

Zweites Argument für die Globes: hier würden über die Preise wirklich kompetente Menschen entscheiden, nämlich, wie es immer so schön heißt, „Hollywoods Auslandspresse“, also versierte, differenzierte, total kompetente Filmjournalisten – im Gegensatz zu den Mitgliedern der US-Filmakademie, von denen noch nicht mal klar wäre, ob sie seit der letzten Mitgliederversammlung überhaupt noch am Leben wären und ob sie vor der geheimen Abstimmung nicht alle bestochen würden.

Wenn man nun allerdings die Entscheidungen der 73. Golden Globe-Verleihung am Sonntagabend in Los Angeles Revue passieren lässt, muss man doch schwere Zweifel an der Fachkompetenz der dort tätigen Journalistenkollegen hegen. Man freut sich zwar sehr über die beiden Globes für den Science-Fiction-Film „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“, sowohl für den Regisseur Ridley Scott als auch für den Hauptdarsteller Matt Damon. Aber was um Himmels Willen das Globe-Kollegium bewog, diesen Film als Komödie (oder gar als Musical?) einzustufen, ist ein Rätsel von interstellarem Ausmaß. Der Überlebenskampf eines Nasa-Astronauten in einer Marsstation ist nun wirklich kein bisschen lustig, sondern hochdramatisch und überaus spannend. Man fragt sich, an welchen Stellen genau „Hollywoods Auslandspresse“ da wohl herzlich gelacht haben mag.

Leonardo DiCaprio braucht endlichen einen Oscar

Vielleicht aber stuft sie ja auch einfach das ganze Science-Fiction-Genre per se als lustig ein. Was aber auch nicht schmeichelhaft wäre für einen Großmeister wie Ridley Scott, der mit „Alien“ und „Blade Runner“ gleich zwei Meilensteine dieses Genres und der Filmgeschichte geliefert hat (plus „Thelma und Louise“). „Komödie?“ grunzte Scott auf der Bühne beim Empfang der goldenen Trophäe dann auch kurz ins Publikum. Er führte das Thema dann nicht weiter aus, sondern zeigte sich lieber „sehr dankbar“. „Immerhin ehrt man mich nicht erst posthum“ – der Brite hatte noch nie zuvor einen Globe gewonnen. Geschweige denn einen Oscar.

Letzteres verbindet ihn mit Leonardo DiCaprio, einem der zweifellos besten Schauspieler, über die das US-Kino verfügt, der seit vielen Jahren eine große, anspruchsvolle Rolle nach der anderen liefert, noch dazu auch noch zuverlässig die Kassen klingeln lässt und dennoch trotz vier Nominierung bei der Akademie noch nie Erfolg hatte. Nach der jüngsten Globe-Nacht nun sollten seine Chancen steigen. Denn das waren die drei absolut richtigen Entscheidungen der Auslandspresse: „The Revenant“, das fabelhafte und auch auf seine filmische Art wuchtvoll durchgeknallte Wildnisdrama von Alejandro González Inárritu bekam drei Golden Globes – für Regie, Hauptdarsteller und als bestes Filmdrama.

In der Oscar-Gala Ende Februar wird Inárritu wohl auch wieder ganz vorn sitzen, allerdings dann mit geringen Aussichten auf Erfolg – er hat hier im vergangenen Jahr mit „Birdman“ schon kräftig abgesahnt. Aber für DiCaprio könnte es mit einem Academy Award endlich klappen. Nach seinem Globe-Sieg folgt am Donnerstag der nächste Fingerzeig: die Academy gibt dann ihre Oscar-Nominierungen bekannt.