Der Erfinder der „ZDF-Hitparade“ und langjährige Showmaster feiert seinen 80. Geburtstag. Als Schnellsprecher eroberte er einst Radio und Fernsehen. Dann sorgte er jahrelang für gut Erlöse der Plattenindustrie. Was ist sein Erfolgsrezept?

Kultur: Tim Schleider (schl)

Stuttgart - Genau 30 Sekunden hatte er einst, um zum Schluss einer TV-„Hitparade“ die Liste aller Mitwirkenden runterzurattern, während im Hintergrund schon die Schlussakkorde der Erkennungsmelodie von James Last dudelten – das reinste Namensgewitter vom Kameramann über die Maskenbildnerin bis zum Regisseur plus Adresse für die Postkarten. Und das Ganze gipfelte in einem geradezu triumphalen „. . . und Sie sahen eine Produktion des Z – D – F“. Er hatte es mal wieder geschafft: Dieter Thomas Heck, der ultimative Conférencier des deutschen Schlagers.

 

Das ebenso charmante wie schnelle Sprechen ist das Markenzeichen Hecks, der an diesem Freitag in Spanien seinen achtzigsten Geburtstag feiert – und rührt eigentlich von einem dramatischen Erlebnis her: Als Fünfjähriger wurde der gebürtige Flensburger in Hamburg bei einem Bombenangriff unter einer Kellertreppe verschüttet. Als Folge des Traumas begann das Kind, heftig zu stottern. Und als Therapie schickten ihn die Eltern zu einer Gesangsausbildung. Fortan war das Talent des Dieter Thomas Heck geweckt: auf gepflegter Oberfläche die Menschen gut zu unterhalten und zu gewinnen. Das ließ ihn nach dem Krieg zunächst Autoverkäufer werden. Und brachte ihn 1963 erst zum Südwestfunk nach Baden-Baden, dann zu Radio Luxemburg.

Die Showidee, einmal im Monat im Fernsehen live aktuelle deutschsprachige Schlager zu präsentieren und daraus von den Zuschauern per Postkarte eine Hitparade wählen zu lassen, hatte Heck gemeinsam mit seinem Regisseur Truck Branss eigentlich für den Saarländischen Rundfunk entwickelt. Doch den Saarländern fehlte der Mut. Da griff das damals für innovative Ideen noch aufgeschlossene ZDF zu. Und so war am 18. Januar 1969 nach einem ausgiebigen Schwenk über viel Aufnahmetechnik, klatschende Zuschauer und hippelige Kabelträger (alle im Stil der Zeit knallbunt angezogen) erstmals die berühmte Anmoderation zu hören: „Hier ist Berlin! Das Zweite Deutsche Fernsehen präsentiert Ihnen die Hit-Parade! Am Mikrofon: Ihr Dieter Thomas Heck.“ Zu den letzten Worten machte Heck einen tiefen Diener vor der Kamera. Denn so präsentierte er sich: ganz dem Publikum verpflichtet, der reine Dienstleister.

Heck wurde ein Opfer der ZDF-Programmverjüngung

Damit stellte Heck sein Licht natürlich arg unter den Scheffel. Er war höchst aktiver Gestalter, seine Popularität, sein Einfluss auf das Publikum für die deutsche Plattenindustrie ein starkes Kapital. In den 15 Jahren der Heck-„Hitparade“ verdienten Ariola, Philips oder Polydor hervorragend an den Auftritten ihrer Schützlinge. Der Erfolg bei den Zuschauern sicherte Heck viele weitere Showformate: vom klassischen Wortquiz „Die Pyramide“ über das Wunschkonzert „Musik liegt in der Luft“ bis zu den „Melodien für Millionen“, bei denen Evergreens und Operettenmedleys tränentriefend verknüpft wurden mit tragischen Erlebnissen aus dem Leben der Zuschauer.

2007 unternahm das ZDF einen seiner zahllosen Versuche, das Programm zu verjüngen; Heck wurde das Opfer. Er verschwand vom Bildschirm – und war zu diesem Zeitpunkt wohlhabend und mit sich selbst zufrieden genug, um keine Anheuerungsversuche bei anderen Sendern zu versuchen. Ein Faszinosum: Ein TV-Mann, der sich programmatisch ecken- und kantenlos produzierte, ist dem ausreichend alten Beobachter trotzdem noch immer in bester, weil lebhafter Erinnerung. So funktionierte es halt, das einstmals magische Fernsehen.