Ortrun Kollmann aus Warmbronn feiert heute ihren 80. Geburtstag.

Leonberg - Man kann sagen, in meinem Leben hat sich irgendwie immer alles gefügt“, sagt Ortrun Kollmann. Sie sitzt mit ihrem Mann Karl am Kaffeetisch im gemütlichen Haus in Warmbronn, von wo aus beide den Blick ins Grüne genießen. Überall zeugen große und kleine Kunstwerke von der schöpferischen Ader der Jubilarin, die heute ihren 80. Geburtstag feiert.

 

Ortrun Kollmann ist an einem historisch bedeutsamen Tag in Berlin geboren: Der 26. August 1939 war der Tag der Mobilmachung in Deutschland und damit der Beginn des Zweiten Weltkriegs. „Mein Vater war Lehrer und wurde mitten aus dem Unterricht weg zur Armee eingezogen“, das weiß sie aus Tagebuchaufzeichnungen, „es hat vier Monate gedauert, bis er mich zum ersten Mal sah.“ Nach dem Krieg ist die Familie in Ostberlin geblieben. „Das war für meine Eltern als bekennende Christen und Regimegegner nicht einfach“, erzählt sie. 1956 flüchtete die Familie aus Ostdeutschland. „Mein Bruder und ich waren plötzlich entwurzelt und wie auf einen anderen Planeten geschossen!“, berichtet sie.

Eins ihrer Talente: Naturwissenschaften

Als politische Flüchtlinge fanden die Eltern schnell Arbeit, und Ortrun meisterte ihr Abitur. „Sprachen fielen mir schwer, wir haben im Osten in der Schule ja russisch gelernt“, erzählt sie, „aber in den Naturwissenschaften war ich gut. Das war, wie die Kunst, schon immer meine Begabung.“ Die Kunst ist ihr quasi in die Wiege gelegt worden. „Meine Mutter hat in den 20er Jahren in Berlin Kunst studiert“, erzählt Ortrun Kollmann, doch für die Berufswahl hat sie ihrer Tochter den Rat gegeben, lieber etwas Handfestes zu lernen. Also hat sich die Abiturientin für die Pharmazie entschieden. Die Kunst ist aber bis heute ein wichtiger Baustein in ihrem Leben geblieben: Bei der Leonale 2017 hat sie eine Alleinausstellung im Fischer-Raum des Galerievereins gehabt, und im nächsten Jahr wird sie bei der Langen Kunstnacht in Leonberg im Stadtmuseum ausstellen.

Während ihres Studiums in Karlsruhe hat die Jubilarin ihren Mann Karl kennengelernt. Mit ihm ist sie seines Berufs wegen nach Stuttgart gekommen. Der Zufall und der Erwerb eines Eigenheims haben die wachsende Familie dann nach Warmbronn gebracht, wo Tochter Annette und die Söhne Fabian und Tobias aufgewachsen sind. Ortrun Kollmann ging wieder ihrem Beruf nach, zunächst am Leonberger Marktplatz, später in der Warmbronner Apotheke.

Liebe zur Botanik

Die Liebe zur Botanik hat aber nicht nur bei der Berufswahl eine Rolle gespielt, sondern auch der Warmbronner Christian-Wagner-Gesellschaft eine begabte Gärtnerin für den Bauerngarten hinter dem ehemaligen Wohnhaus des schwäbischen Dichters eingebracht. „Als nach zähem Ringen der CW-Gesellschaft das Haus erhalten werden konnte, sollte auch ein Garten angelegt werden. Die Stadt hat den Platz unter der Auflage, dass die CW-Gesellschaft die Pflege übernehmen würde, zur Verfügung gestellt“, erzählt die vitale Seniorin, „und weil ich schon immer ein Gartenstück haben wollte, habe ich gleich ja gesagt.“

25 Jahre lang hat sie mit großer Freude in dem Garten gewerkelt und ein beeindruckendes Miteinander von Blumen, Sträuchern, Kräutern und Unkräutern geschaffen. „Ich habe bewusst auch Blumen angepflanzt, über die Christian Wagner Gedichte verfasst hat, zum Beispiel die Nachtviole“, und sie zitiert genussvoll die Verse aus Wagners „Blumenliedern“. Oft hat sie auch im Garten fotografiert, die schönsten Bilder mit passenden Versen zu Karten verarbeitet und so ihr botanisches Wissen, ihre Kunst und auch ihre große Liebe zu Wagners Lyrik miteinander verwoben.

Die Pflege des Gartens hat sie jetzt in jüngere Hände gegeben. „Mit 80 habe ich mit meinem eigenen Garten genug zu tun“, gibt sie schmunzelnd zu. Dann wird sie ernster und meint nachdenklich: „Es hätte viel schiefgehen können in meinem Leben. Aber es hat sich immer gefügt für mich“, und dafür ist sie dankbar.