Ein Podcast zu Stauffenberg und dem 20. Juli 1944? Warum nicht!, sagten sich Schülerinnen und Schüler seines ehemaligen Schule und entwickelten auf Anregung des Hauses der Geschichte eine eigene Form des Erinnerns.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Neue, junge Töne in der Stauffenberg-Erinnerungsstätte im Alten Schloss: Anlässlich des 80. Jahrestags des von Claus Schenk Graf von Stauffenberg verübten Attentats auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 haben Schülerinnen und Schüler des Eberhard-Ludwig-Gymnasiums (Ebelu), Stauffenbergs früherer Schule, einen Live-Podcast aufgenommen. Die Idee dazu hatte das Haus der Geschichte. Caroline Gritschke, zuständig für Bildung und Vermittlung, und ihre Kollegin Luisa Kreiling erarbeiteten im Team mit den Schülerinnen und Schülern Naomih Hadzic, Klara Kresser, Sophia Lönne, Julius Meister, Konstantin Öppinger, Elodie Respondek, Katharina Scharphuis, Elina Singer und Rada Spiric sowie den Ebelu-Lehrern Regine Winkle, Katharina Dargan und Johannes Steymans das Konzept und die Inhalte für das Format.

 

Stauffenberg als Teil eines großen Netzwerks

Aufgenommen wurden drei Folgen des Podcast unter der Überschrift: „Held*innen des 20. Julis 1944: Widerstand und Erinnerung.“ Darin geht zum einen um die Chronologie jenes Tages, der mit der Verhaftung und Hinrichtung von Stauffenberg und drei seiner Mitstreiter endete. Zum anderen um einen vielfach vernachlässigten Aspekt: die Beteiligung von Frauen an den Vorbereitungen des Attentats und dem anschließenden Umsturzplan unter dem Namen „Operation Walküre“. Zu ihnen gehörte Margarethe von Oven, Sekretärin des Chefs der Heeresleitung, die für Stauffenberg und Mitverschwörer Henning von Tresckow heimlich Umsturzbefehle schrieb. Sie wurde verhaftet, überlebte jedoch. Ebenso Marion Gräfin Dönhoff, die spätere „Zeit“-Herausgeberin, die Verbindungen zu Stauffenberg und der Widerstandsgruppe Kreisauser Kreis hatte und den Widerstand vor allem intellektuell unterstützte.

Überlebt haben auch die Freundinnen Erika von Tresckow und Ehrengard Gräfin von der Schulenburg, die von den Plänen wussten, die ihre Männer das Leben kosteten. Ebenso Stauffenbergs Frau Nina; sie transportierte damals Umsturzdokumente, betonen die Schülerinnen im Podcast und kommen zu dem Schluss: „Der 20. Juli 1944 hätte nie ohne Frauen stattfinden können.“ Überhaupt sei Stauffenberg nicht alleine gewesen, sondern Teil eines großen Netzwerks.

Die dritte Folge des von selbst komponierten Cello-Tönen umrahmten Podcasts setzt sich mit der Erinnerungskultur auseinander. Erschreckt stellten die Schülerinnen fest, dass dem Deutschen Bundestag zeitweilig mehr als 120 ehemalige NSDAP-Mitglieder angehörten. Kontrovers diskutieren sie, ob eine „Glorifizierung“ von Claus von Stauffenberg angebracht ist, weil er sich erst spät vom Nationalsozialismus distanzierte. Einig sind sie sich darin, dass das „eigentlich Wichtige“ im Blickpunkt stehen sollte: der Plan der Widerstandskämpfer, mit der Beseitigung Hitlers den Krieg zu beenden und den Holocaust zu stoppen. „Wir sollten nicht in die Zeit zurückschauen und sagen, so oder so hätten sie es machen sollen“, sagt eine Schülerin.

Am Ebelu gab es Kritik an der Stauffenberg-Gedenktafel

Bei ihrem Auftritt in der Erinnerungsstätte berichten die Ebelu-Schüler auch aus dem Innenleben der Schule. In einer Umfrage hätten sich Mitschüler ganz überwiegend positiv zu der jährlichen Stauffenberg-Gedenkfeier an der Schule geäußert. „Die Aufarbeitung muss weitergehen“, sagt eine Schülerin ins Mikrofon, „denn nur so kann man zu einer fundierten Meinung gelangen“.

Als „Fun fact“, der in diesem Fall ein trauriger Fakt ist, erwähnen die Schüler in ihrem Podcast, dass die Stauffenberg-Gedenktafel an dem 1957 eingeweihten neuen Schulgebäude im Herdweg nicht unumstritten war: „Sowohl einige Lehrer als auch Eltern lehnten eine Ehrung für einen ,Vaterlandsverräter‘ ab“ – ein Spiegel der damaligen Zeit. Das Geld für die Plakette brachten übrigens die Schüler auf: 5000 Mark.

Bis die drei Podcast-Folgen zu hören sind, dauert es noch etwas. Das Haus der Geschichte wird darüber informieren.