Show, Glamour, Freudentränen – das sind die Oscars. Moderator Chris Rock sorgte aber auch dafür, dass die Politik nicht zu kurz kommt. Und auch Preisträger Leonardo DiCaprio verzichtete nicht auf einen politischen Appell.

Los Angeles - So politisch waren die Oscars noch selten. Zwar hatte es schon vorher heftige Diskussionen gegeben, weil in den wichtigsten Kategorien keine Schwarzen nominiert worden waren. Einige Spitzen waren also auch für die Gala in der Nacht zu Montag zu erwarten - mit so pointierten Sprüchen des schwarzen Moderators Chris Rock hatte dann aber wohl doch niemand gerechnet. Da blieb manch einem Promi das Lachen im Hals stecken.

 

Auch bei der Vergabe der Preise gab es einige Überraschungen: Leonardo DiCaprio bekam zwar endlich seinen lang erwarteten Oscar für „The Revenant - Der Rückkehrer“. Als bester Film – die Königssparte des Abends – wurde dann aber das beklemmende, auf wahren Begebenheiten beruhende Missbrauchsdrama „Spotlight“ ausgezeichnet. Und an das furiose Action-Spektakel „Mad Max: Fury Road“ gingen gleich sechs der begehrten Trophäen.

Schon in den ersten Minuten machte Moderator Chris Rock klar, dass er nicht für seichte Unterhaltung steht. Die Oscars seien auch als die „Preise der Weißen“ bekannt, bemerkte der 51-Jährige süffisant und legte nach: „Warum protestieren wir aber? Warum bei diesen Oscars?“ Immerhin sei es schon die 88. Verleihung. Diese ganze „Keine Schwarzen“-Sache habe es schon mehr als 70 Mal gegeben.

Klatschen oder irritiert lächeln?

„Da gab es aber keine Proteste“, sagte Rock mit Verweis auf die Sklaverei und die 50er und 60er Jahre. „Wir waren damit beschäftigt, vergewaltigt und gelyncht zu werden.“ Es sei egal, was die beste Dokumentation sei, „wenn deine Großmutter an einem Baum hängt“.

Das saß. Bei so viel harschen Hieben wusste manch ein Gast im eleganten Dolby Theatre auch gar nicht, ob er klatschen oder einfach irritiert lächeln sollte. Überhaupt zogen sich politische Statements wie ein roter Faden durch die Show. Als Lady Gaga etwa ihren nominierten Song „Til It Happens To You“ (für die Doku „The Hunting Ground“) sang, war das zugleich ein Appell gegen sexuellen Missbrauch. Ihr kraftvoller Auftritt gehörte zu den emotionalsten Momenten der Oscar-Gala - und rührte zahlreiche Stars zu Tränen.

Auch das Team des Rachedramas „The Revenant“ nutzte die Oscarbühne für Appelle. „Lasst uns dafür sorgen, dass die Hautfarbe genauso unwichtig wird wie die Länge der Haare“, forderte der Mexikaner Alejandro González Iñárritu von den Hollywoodgrößen, nachdem er den Oscar für die beste Regie gewonnen hatte. Mit zwölf Nominierungen war sein Werk als Favorit ins Rennen gegangen, gewann am Ende aber „nur“ drei: neben der Regie noch für die beste Kamera und den Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio.

Kein klarer Überflieger bei den diesjährigen Oscars

Für „The Revenant“ hatte der 41-Jährige schon beim Dreh harte körperliche Entbehrungen ertragen und kämpft sich im Film nach einer Bärenattacke schwer verletzt durch den verschneiten Wilden Westen. Nach Standing Ovations der Galagäste erhob DiCaprio seine Stimme für ein Thema, das ihm seit Jahren am Herzen liegt: den Klimawandel. „Er ist unsere größte Bedrohung. Lasst uns diesen Planeten nicht als selbstverständlich ansehen.“

So erwartet DiCaprios Auszeichnung war, so sicher galt vorab auch der Preis für Brie Larson als beste Hauptdarstellerin: Die 26-jährige US-Amerikanerin spielt in dem Drama „Raum“ intensiv eine Mutter, die mit ihrem kleinen Sohn in Gefangenschaft lebt. Mit der Schwedin Alicia Vikander dagegen hatten wohl nur wenige gerechnet. Sie gewann als beste Nebendarstellerin für ihre Rolle in dem Transsexuellendrama „The Danish Girl“ an der Seite von Eddie Redmayne.

Unerwartet kam auch der Preis für den in England geborenen Mark Rylance als bester Nebendarsteller. Er wurde für seine Rolle in der deutschen Koproduktion „Bridge of Spies - Der Unterhändler“ von Steven Spielberg ausgezeichnet. Das war dann jedoch die einzige Ehrung mit deutschem Bezug - Bernhard Henrich, Setdekorateur des in Deutschland gedrehten Spionagedramas, ging leer aus. Genauso wie der Niedersachse Patrick Vollrath, der sich mit seinem Kurzfilm „Alles wird gut“ Hoffnungen machen konnte.

Einen klaren Überflieger gab es an diesem Abend allerdings nicht. „Spotlight“ des US-Amerikaners Tom McCarthy gewann zwar den Hauptpreis (und einen Oscar für das beste Originaldrehbuch), doch auch das postapokalyptische Werk „Mad Max: Fury Road“ von George Miller gehört mit sechs Auszeichnungen, wenn auch in Nebensparten, zu den großen Gewinnern.

Eines aber ist beim zweiten Blick auf die Preise auffällig: So „weiß“ diese Oscars waren - unter der Oberfläche dominierten viele Minoritäten. Immerhin ist Regisseur Miller Australier. Vor allem aber die mexikanische Kinostimme ist mit dem Erfolg von „The Revenant“ und seinen mexikanischen Machern unüberhörbar. Vielleicht bewirkt das ja den langsamen, aber längst überfälligen Wandel in der US-Filmindustrie. Denn die Botschaft dieser Verleihung ist klar: Mehr Offenheit tun der Oscar-Academy und Hollywood insgesamt gut.