In Stockholm eröffnet Anfang Mai ein Museum, das seine Dauerausstellung der Popband Abba widmet. „Der Besucher soll fühlen, dass er in den Fußstapfen von Abba wandelt“, beschreibt Ausstellungsmacherin Ing-Marie Halling ihre Ambitionen.

Stockholm - Wenn Ing-Marie Halling über ihre Erfahrungen mit Abba sprechen soll, dann denkt sie nicht zuerst an die vielen Hits, an die aparten Kleider oder an die Romanzen des schwedischen Pop-Quartetts, sondern an deren Umgang mit anderen Menschen. „Ich bin immer noch verblüfft, welch normale Leute das sind“, sagt sie, „nicht überheblich, keine Starallüren, völlig erdgebunden. So waren sie damals, und so sind sie geblieben bis heute.“ Die 59-Jährige sollte wissen, wovon sie spricht. Sie hat zwischen 1977 und 1980 als Stylistin an Abbas Welttourneen teilgenommen, sie hat die Kostüme ausgesucht, Make-up und Haar gelegt und hinter den Kulissen für das Wohlergehen der Künstler gesorgt. Und sie ist jetzt als Kuratorin für die Ausstellung verantwortlich, wenn Abba ins Museum kommt.

 

„Abba – The Museum“: das war eine Idee, die erstmals vor sieben Jahren lanciert wurde, als die Geschäftsleute Ewa und Ulf Westman in Liverpool das Beatles-Museum besuchten und sich fragten: warum gibt es so etwas nicht bei uns? Die Initiatoren haben sich anderen Plänen zugewandt, doch ihre Idee überlebte. An Stockholms Hafenpromenade Djurgården, in einem neu errichteten Gebäude aus hellem Holz und mit Kupfer verschaltem Glas, wird am 7. Mai die permanente Abba-Ausstellung eröffnet. „Wir haben noch schrecklich viel zu tun, wir werden wohl rund um die Uhr arbeiten müssen“, sagt Ing-Marie Halling. „Aber ich verspreche: wir werden fertig“.

In der Music Hall of Fame

Das Haus, das das Museum beherbergt, ist Schwedens „Music Hall of Fame“, und wenn dort auch die schwedische Popgeschichte seit den 1930er-Jahren erzählt wird und es Platz auch für andere Berühmtheiten wie Roxette und die Cardigans, First Aid Kit und Robyn gibt, so ist es doch völlig logisch, dass rund zwei Drittel des Ausstellungsraums der Abba-Schau gewidmet sind: Sie sind die Großeltern des schwedischen „Popwunders“ und die mit dem am längsten anhaltenden Ruhm. Bei Abba, sagt Halling, treffen sich die Generationen: die, die selbst einst „Fernando“, „Dancing Queen“ und „The Winner takes it all“ hörten und die, die die Abba-Songs erst im Musical-Film „Mama Mia“ kennen gelernt haben und anschließend die Plattenschränke ihrer Eltern frech nach den Originalen durchstöberten.

Das alles wird jetzt nacherzählt: von den ersten Anfängen, als Björn Ulvaeus, der Gitarrist der „Hootenanny Singers“, Benny Andersson traf, der für die „Hep Stars“ Keyboard spielte. Wie Agnetha Fältskog und Anni-Frid Lyngstad dazustießen, die beide schon erfolgreiche Soloartistinnen waren. Wie daraus zwei Paare wurden und ein Quartett, das seinen Namen aus den vier Anfangsbuchstaben zusammensetzte, auch wenn man erst mit dem Fischkonzern Abba Seafood über die Markenrechte verhandeln musste. Und dann die große Karriere, die nur ein Jahrzehnt dauerte, aber Nachklang hat bis in die Gegenwart.

In den Fußstapfen von Abba wandeln

„Der Besucher soll fühlen, dass er in den Fußstapfen von Abba wandelt“, beschreibt Halling ihre Ambitionen. Da ist das Polar-Studio nachgebaut, in dem die Erfolghits aufgenommen wurden, die Bühne von Brighton, auf der Abba mit „Waterloo“ den Eurovision Song Contest gewann, das Sommerhaus, in dem Björn und Benny die Nächte durchmachten und ihre Lieder schrieben, die Garderobe „mit dem halbleeren Champagner-Glas und dem Lippenstiftrand.“ Durch das Museum führen die Abba-Mitglieder selbst. Der Audio-Guide, den die Besucher beim Eintritt erwerben können, besteht aus den Erinnerungen, die die Vier der Mamma-Mia-Drehbuchautorin Catherine Johnson auf Band gesprochen haben.

Dazu Filme, Dokumente, Devotionalien aller Art: „Gerade habe ich von Benny das Akkordeon bekommen, das ihm einst sein Großvater schenkte“, sagt die Ausstellungsleiterin. Ein Link führt direkt in Benny Anderssons Musikstudio. Ein rotes Telefon soll an „Ring, Ring“ erinnern, den allerersten Abba-Hit, und wenn es wirklich läutet, sollten die Besucher den Hörer abnehmen. „Die Nummer haben nur vier Leute“, tut Halling geheimnisvoll. Zumindest Frida, wie sich Anni-Frid nun nennt, habe ihr versichert, dass sie manchmal anrufen werde.

Eine viertel Million Besucher würden jährlich die 23 Euro Eintritt bezahlen, schätzt Stockholms Fremdenverkehrsverband. „Das ist nicht teuer“, wehrt die Kuratorin ab, „wenn ich mit meinen Kindern zum Eishockey gehe, zahle ich mehr.“ Als Gäste erwartet sie „alle zwischen 10 und 70“, viele Familien, Frauengruppen auf Polterabend-Runde, schwule Paare mit Abba-Flair. Zumindest Björn Ulvaeus, der sich sehr um die Verwirklichung bemühte und auch als Investor einstieg, wird bei der Eröffnung dabei sein. Bei den anderen ist es ungewiss. Agnetha, die Scheue, ist in London, um ihr neues Album zu promoten, Benny ist mit seinem neuen Musical beschäftigt, Frida lebt in der Schweiz. „Aber alle vier waren sehr hilfreich und haben uns mit Fakten und Dingen unterstützt.“