Gerd de Bruyn, Professor für Architekturtheorie an der Universität Stuttgart, hat unter dem Titel „Architekten, Freimaurer, Philanthropen“ zu einer „Reise durch die Verbesserung der Welt“ ins Literaturhaus eingeladen. Das Ergebnis war durchwachsen.

Stuttgart - Am 6. Dezember 1737, also vor 275 Jahren, versammelten sich fünf Hamburger Männer in einem Gasthaus der Hansestadt und gründeten dort die erste deutsche Freimaurerloge. Obwohl das kein rundes Jubiläum ist, hat es Gerd de Bruyn, Professor für Architekturtheorie an der Universität Stuttgart, dazu bewogen, unter dem Titel „Architekten, Freimaurer, Philanthropen“ zu einer „Reise durch die Verbesserung der Welt“ ins Literaturhaus einzuladen. Der Gastgeber trat dabei als Conférencier und Pianist in Erscheinung, mit von der Partie war außerdem die Sopranistin Isabella Froncala, die an der Stuttgarter Musikhochschule Gesang studiert.

 

Der Abend stand unter keinem glücklichen Stern. Die Sängerin war stimmlich indisponiert, die Akustik des Saals nicht gerade sängerfreundlich. Das alles hätte man in Kauf genommen, wenn de Bruyns Ausführungen die Erwartungen eingelöst hätten, die der Titel seines Vortrags geweckt hatte. Niemand hat etwas dagegen, dass ein Architekturprofessor in seiner Freizeit Klavier spielt und seine Freunde gelegentlich an dieser Liebhaberei teilnehmen lässt. Sein Vortrag aber hätte folgende Fragen beantworten müssen: Besteht ein Zusammenhang zwischen den freimaurerischen Idealen und den Konzepten der modernen Architektur und Städteplanung? Oder: Gibt es eine freimaurerische Musik? Denn dass Komponisten wie Mozart oder Schubert Texte vertont haben, die vom Gedankengut der Freimaurer inspiriert sind, sagt ja noch nichts über die musikalischen Strukturen aus.

Stattdessen beschränkte sich de Bruyn auf Einleitungen zu den vorgetragenen Musikstücken, die man bestenfalls als feuilletonistisch bezeichnen kann. Dass Lessing und Voltaire, Goethe und Heine, Haydn und Mozart Mitglieder von Freimaurerlogen waren, wussten viele Zuhörer sicher längst. Auch von der Rolle der Freimaurersymbolik im Libretto der „Zauberflöte“ dürften die meisten schon etwas gehört haben.

Problematik des Freimaurerwesens

Eine Rarität ist allenfalls Mozarts Kantate „Die ihr des unermesslichen Weltalls Schöpfers ehrt“ (KV 619), die im selben Sommer 1791 wie die „Zauberflöte“ entstand, und zwar auf Anregung des Sozialreformers Franz Heinrich Ziegenhagen, der auch den Text dazu verfasst hat.

Weniger bekannt dürfte auch sein, dass neben Beethoven auch Schubert Schillers Ode „An die Freude“ vertont hat. Schiller verfasste dieses Gedicht 1785 auf Bitten seines Freundes Christian Gottfried Körner für die Dresdner Loge „Zu den drei Schwertern“, äußerte sich in späteren Jahren allerdings ziemlich kritisch über dessen poetische Qualität. Da kann man dem Dichter nur zustimmen, denn der Text wird auch durch Schuberts Vertonung nicht besser.

An ihm zeigt sich zugleich die Problematik des Freimauerwesens, denn im Widerspruch zu den offiziellen Idealen von Brüderlichkeit und allumfassender Toleranz sind in Schillers Text schon wieder Ausschließungsmechanismen am Werk: Wer in den Freudenjubel nicht einstimmt, „der stehle / Weinend sich aus diesem Bund“. Dasselbe gilt bekanntlich auch für die „Zauberflöte“, wo die Losung „Bewahret auch vor Weibertücken: / Dies ist des Bundes erste Pflicht!“ ähnlich wie aus den Freimaurerlogen so auch aus Sarastros heiligen Hallen das weibliche Geschlecht demonstrativ ausschließt.