Rund eine Viertelmillion kostet es die Stadt Stuttgart im Jahr, im Wald entsorgten Müll wegzuräumen. Besonders drastische Beispiele aus Stuttgart-Ost und Plieningen.

Filder/Stuttgart - Ein Waschbecken, zertrümmerte Fensterrahmen, abgeschlagene Fliesen, Glasbausteine, Dämmung, Bauschutt – was da mitten im Wald liegt, sieht nach den Resten einer umfassenden Bad-Sanierung aus. Es bedarf einer gewissen Ortskenntnis und entsprechender Ignoranz gegenüber dem Wald, der Natur und den geltenden Regeln, eine solche Menge Bauschutt vermutlich in einer nächtlichen Aktion auf einem sonst viel genutzten Waldweg so tief in den Wald zu fahren und am Wegrand abzukippen. „Das ist eine Riesensauerei“, schimpft ein Nordic-Walker, der jeden Tag an der Stelle vorbei kommt. Leider ist diese Art der illegalen Müllentsorgung auf der Waldenebene Ost kein Einzelfall. Auch im Häslachwald bei Plieningen kommt das vor.

 

Ein anderer Anwohner aus dem Stuttgarter Osten schreibt zu dem Thema: „Im Frühjahr war es eine komplette Einbauküche mit zahlreichen Schränken wenige Hundert Meter entfernt. Da geben sich ganze Schulklassen lobenswerte Mühe bei Putzaktionen und dann kommen Einzelne und zerstören unsere Naherholungsgebiete.“

Mehrheitlich großer Mülle wie Schränke

Ordnungsgemäß entsorgen muss den Bauschutt jetzt der Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS). „Der AWS sind illegale Müllablagerungen in Stuttgart-Ost und den Wäldern bekannt, nicht jedoch der/die Verursacher/in“, teilt die Kommunikationsabteilung der Landeshauptstadt auf eine entsprechende Anfrage hin mit. Die AWS-Mitarbeiter seien etwa zwei- bis dreimal im Monat deswegen allein im Stuttgarter Osten im Einsatz. „Die Müllmenge beträgt jeweils ungefähr sechs Kubikmeter. Mehrheitlich besteht dieser wilde Müll aus größeren Teilen wie zum Beispiel Schränken.“ Die Situation an der Bärlesklinge beim Stadtteil Lederberg und am Birkenkopf im Stuttgarter Westen sei ähnlich.

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Die Stadt weist auch auf noch gravierendere Fälle von illegaler Müllentsorgung in den vergangenen beiden Jahren in anderen Stadtteilen hin. So seien an den Waldparkplätzen im Häslachwald bei Plieningen immer wieder Bremsscheiben, Reifen, Altöl, leere Öltanks und vor allem Grünschnitt widerrechtlich entsorgt worden. Seitdem fahren die Beamten des Polizeireviers Plieningen dort häufiger Streife.

Größere Mengen Bauabfall im Wald gefunden

In Uhlbach kippte ein Unbekannter tief im Wald eine größere Menge Bauabfall einen Abhang hinunter. Dort musste wegen der extremen Hanglage eine Privatfirma wieder aufräumen. Ähnliches geschah am Wolfersberg und am Parkplatz am Waldgebiet Kräherwaldstraße. „Teilweise ist für die Entfernung des Mülls ein Lkw mit Kranaufbau erforderlich“, so die Stadt.

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Entsprechend viel Geld muss die Landeshauptstadt Stuttgart jedes Jahr für solche Müll-Vergehen ausgeben. Im Jahr 2018 waren es 372 000 Euro, ein Jahr später 244 000 Euro. Im vergangenen Jahr blieben diese Kosten – trotz oder wegen der Coronapandemie – relativ konstant hoch bei 243 000 Euro. Anzeigen gegen Unbekannt erstattet die Stadt nur selten, weil die Verfahren im Regelfall eingestellt würden. „Wenn es jedoch Ansatzpunkte wie einen konkreten Verdacht gibt, wird die Polizei mit weiteren Ermittlungen beauftragt.“

Das sagt der Bußgeldkatalog zur illegalen Müllentsorgung

Der Bußgeldkatalog des Landes sieht für die illegale Entsorgung von Bauschutt empfindliche Strafen vor, die nach der Menge in Kubikmetern gestaffelt sind. Beim wilden Ablagern von weniger als einem Kubikmeter werden 100 bis 500 Euro fällig, bei mehr als fünf Kubikmetern bis zu 10 000 Euro. Bei wild weggeworfenem Sperrmüll reicht das Bußgeld von 100 bis zu 2500 Euro. Da aber selten Anzeige erstattet wird und die Verursacher noch seltener ermittelt werden, wird das Bußgeld zumindest in Stuttgart kaum fällig.

Der Anwohner aus dem Stuttgarter Osten vermutet, dass sich zumindest im aktuellen Fall „ein ,günstiger‘ Handwerker die Gebühr für die Entsorgung auf unsere Kosten“ spart. „Vermutlich ohne das Wissen seines Auftraggebers“, fügt er hinzu. Er hofft jetzt, dass eben dieser Auftraggeber auf dem Foto vielleicht seine Fliesen und sein Waschbecken erkennt – und man so den Verursacher ausfindig machen kann. Der Bauschutt liegt seit Anfang Oktober mitten im Wald. Bis er abtransportiert wird, dürfte noch einige Zeit vergehen.