Die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks will die Mülltrennung vereinfachen. Doch der Weg zu der von ihr gewünschten Wertstofftonne ist steinig – und sie ist nicht die Erste, die sich daran versucht.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Barbara Hendricks ist bereits die vierte Bundesumweltministerin, die sich daran versucht, eine Mülltonne einzuführen, in der nicht mehr nur Verpackungen aus Plastik, Verbundstoffen und Metall landen dürfen, sondern auch stoffgleiche Haushaltsabfälle anderer Art: von der alten Zahnbürste über verbogene Drahtkleiderbügel, zersprungene Plastikschüsseln bis zu zerkratzten Bratpfannen oder Töpfen. Die Ministerin hat jetzt einen Arbeitsgesetzentwurf vorgelegt, der zur Abstimmung an die Länder, die Kommunen und die betroffenen Verbände verschickt wurde.

 

Allerdings hat sich der Plan zur Einführung einer einheitlichen Wertstofftonne als ziemlich dickes Brett erwiesen. Barbara Hendricks Parteifreund, der jetzige Wirtschafts- und damalige Umweltminister Sigmar Gabriel, war der erste, der den auf Verpackungsmüll beschränkten gelben Sack zu einer Wertstofftonne weiterentwickeln wollte. Sein CDU-Nachfolger Norbert Röttgen brachte in der schwarz-gelben Koalition sogar ein entsprechendes Gesetz durch Kabinett und Bundestag – aber der Bundesrat brachte es zu Fall. Danach setzte Röttgens Nachfolger, der jetzige Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU), das Thema auf die Agenda. Vor der Bundestagswahl 2013 versandete die Sache wieder. Jetzt ist die Sozialdemokratin Barbara Hendricks an der Reihe, und die ersten Reaktionen zeigen: Die Probleme haben sich nicht in Luft aufgelöst.

Dabei ist Ziel des Gesetzes, die Müllentsorgung für die Verbraucher einfacher zu machen und damit die Recyclingquote zu erhöhen, nicht umstritten. Unter Federführung der baden-württembergischen Landesregierung haben auch sieben Länder eine Bundesratsinitiative für eine solche Wertstofftonne gestartet. Aber der Knackpunkt des politischen Streits ist nach wie vor die Aufgabenverteilung zwischen den Kommunen und privaten Entsorgungsunternehmen und die Rolle des Dualen Systems. Darin sind die Unternehmen vereint, die seit Beginn der neunziger Jahre den mit dem grünen Punkt gekennzeichneten Verpackungsmüll entsorgen.

Das Duale System soll eine wichtige Rolle spielen

Bundesministerin Hendricks schlägt nun vor, das Duale System als zentrale Organisationseinheit für die Wertstoffentsorgung zu erhalten. Allerdings sollen laut ihrem Haus künftig andere Spielregeln gelten: Die Aufträge zum Einsammeln, Sortieren und Verwerten von Wertstoffen sollen künftig öffentlich ausgeschrieben werden, so dass sich sowohl private als auch kommunale Entsorger um die Aufträge bewerben können. Um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten, soll eine Zentrale samt Schiedsstelle eingerichtet werden.

Finanziert werden soll das über Lizenzentgelte, die Handel und Industrie für Produkte und Verpackungen bezahlen. Den Einfluss der Kommunen sieht Hendricks durch ihren Entwurf ebenfalls gestärkt: Sie sollen künftig entscheiden, wie, wann und wie oft die Wertstoff-Abfälle vom Entsorgungsunternehmen abgeholt werden. Darüber hinaus würden Städte und Gemeinden ermächtigt, Vertragsvereinbarungen gegenüber dem Dualen System (DSD) durchzusetzen und gegebenenfalls einzuklagen. Das sei bisher nicht möglich, so das Ministerium.

Reitet der Bund ein „totes Pferd“?

Die ersten Reaktionen der Kommunen sind jedoch eine Breitseite für die Ministerin. „Die bestehenden strukturellen Probleme bei der Sammlung von Verpackungsabfällen werden durch den Arbeitsentwurf nicht gelöst“, sagte Stephan Artikus, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags der Stuttgarter Zeitung. Da Städte und Gemeinden in Abfallfragen der erste Ansprechpartner seien, „wäre es im Sinne der Bevölkerung, diese Aufgabe der Kommunen in dem geplanten neuen Wertstoffgesetz auch rechtlich zu verankern“. Diesem Ziel werde der Arbeitsentwurf nicht gerecht.

Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) wirft Hendricks Entwurf Einseitigkeit für das Duale System vor. „Es bleibt ein Rätsel, wie das Bundesumweltministerium darauf kommt, denen den Rücken zu stärken, die versagt haben“, fügt VKU-Hauptgeschäftsführerin Katherina Reiche hinzu. Der Landkreistag in Baden-Württemberg nennt Hendricks Vorstoß inakzeptabel und fordert sie auf, ihren Entwurf zurückzuziehen. „Das Bundesumweltministerium macht den Bock zum Gärtner, wenn es die Wertstoffentsorgung vollends in die Hand der dualen Systeme gibt“, sagt Hauptgeschäftsführer Eberhard Trumpp. „Der Bund darf im Abfallbereich nicht mehr das tote Pferd der dualen Systeme reiten.“