Ein erster Anlauf im Mai wurde ausgebremst. Jetzt will die Stadt Esslingen erneut über die Einführung von drei neuen Steuern debattieren.

Geht es nach der Stadtverwaltung, so sollen in den kommenden Jahren gleich drei neue Steuern in Esslingen eingeführt werden. Neben einer Verpackungssteuer und einer Beherbergungssteuer plant die Stadt auch eine Grundsteuer C auf unbebaute, aber baureife Grundstücke. Bei einem ersten Anlauf im Mai erntete sie allerdings so viel Widerstand, dass die Diskussion vertagt worden war. Nun soll die Debatte in eine neue Runde gehen – die Kritik an den Vorhaben ist jedoch keineswegs verstummt.

 

Mit den neuen Abgaben will die Stadt nicht nur Einnahmen generieren, sondern auch das Verhalten der Menschen steuern. So soll etwa eine Verpackungssteuer dafür sorgen, dass Abfall vermieden und Mehrwegverpackungen gestärkt werden. Damit soll auch der Müll im öffentlichen Raum reduziert werden – denn dieser sei nicht nur optisch störend, sondern belaste auch die Umwelt und sorge für zusätzlichen Reinigungsaufwand mit entsprechenden Kosten, argumentiert die Verwaltung. Sie kann sich eine Verpackungssteuer ab Anfang 2028 vorstellen.

Stadt Esslingen plädiert für eine Beherbergungssteuer ab 2027

Zudem plädiert die Verwaltung für die Einführung einer Beherbergungssteuer ab Januar 2027. Gehe man von rund 300 000 Übernachtungen im Jahr zu einem durchschnittlichen Preis von 100 Euro aus, könne man bei einem Steuersatz von fünf Prozent mit Einnahmen von rund 1,5 Millionen Euro rechnen, kalkuliert die Stadt. Bei Abzug von Sach- und Personalkosten verblieben vermutlich rund 1,45 Millionen Euro im Stadtsäckel. Dieser Beitrag entlaste den städtischen Haushalt und könne für die Verbesserung der Infrastruktur, der Aufenthaltsqualität, der Sicherheit und Sauberkeit oder zur Belebung der Innenstadt genutzt werden.

Auch die Einführung einer Grundsteuer C kann man sich im Rathaus ab Januar 2028 vorstellen. Diese soll für unbebaute, aber baureife Grundstücke erhoben werden, um die Eigentümer zu motivieren, die Brachen zu bebauen – oder aber zu verkaufen. Die Erhebung der Grundsteuer C stellt laut Stadtverwaltung keinen Eingriff in das Eigentum dar, sondern setzt finanzielle Anreize zur Aktivierung ungenutzter Bauflächen. Damit könne der Grundstücksmarkt entspannt werden.

Angespannter Wohnungsmarkt in Esslingen

Das sei dringend notwendig: So sei etwa die Zahl der Wohnungsnotfälle in Esslingen seit Ende 2021 um etwa 60 Prozent angestiegen, die Wohnkosten in Mietwohnungen hätten sich in den vergangenen Jahren verdoppelt und die Preise im Neubau hätten die Marke von 7500 Euro je Quadratmeter Wohnfläche bereits überschritten. Schon lange sei es ein wichtiges Ziel der Stadt, den Wohnungsbau zu fördern – vor allem auf innerstädtischen Brachflächen. Doch das Flächenpotenzial könne bislang nicht aktiviert werden. Dem könnte die Grundsteuer C entgegenwirken, so die Stadt.

Der Esslinger Gemeinderat soll demnächst über die Einführung von drei neuen Steuern diskutieren. Foto: Ines Rudel

Weite Teile des Gemeinderats zeigen sich jedoch skeptisch gegenüber der Einführung der neuen Steuern. Die Fraktionen von CDU, Freien Wählern, FDP/Volt, Linke/FÜR und AfD sehen alle drei kommunalen Steuern kritisch. Die Verpackungssteuer sei zu bürokratisch und eine unnötige Belastung von Gastronomie und Einzelhandel, die bei der Müllvermeidung wenig hilfreich sei. Zudem beschere sie Esslingen einen Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu Städten ohne Verpackungssteuer, so die Argumentation.

Skepsis im Esslinger Gemeinderat gegenüber neuen Steuern

Ebenfalls ablehnend äußern sich CDU, Freie Wähler, FDP/Volt, Linke/FÜR und AfD gegenüber einer möglichen Beherbergungssteuer: Eine solche belaste die Hotellerie und den Tourismus, anstatt sie zu fördern und zu stärken. Auch eine Grundsteuer C lehnen diese Fraktionen ab. Laut Rena Farquhar, Vorsitzende der Fraktion FDP/Volt, und Annette Silberhorn-Hemminger, Fraktionschefin der Freien Wähler, schafft diese nur zusätzliche Bürokratie ohne nachweislichen Nutzen.

CDU-Fraktionschef Tim Hauser hält die Grundsteuer C für eine Fehlsteuerung und fordert, stattdessen die Verfahren zur Baugenehmigung zu beschleunigen, Bauvorschriften zu vereinfachen und die Grunderwerbsteuer zu reformieren. Laut dem AfD-Fraktionschef Stephan Köthe widerspricht die Grundsteuer C dem „liberalen Prinzip des freien Eigentums und der Entscheidungsfreiheit der Bürger über ihr eigenes Vermögen“. Und die Fraktion Linke/FÜR betont, dass man auch in der Innenstadt unbebaute Flächen brauche für ein gutes Stadtklima.

Während Grüne und SPD im Gemeinderat der Einführung der neuen Steuern aufgeschlossen gegenüberstehen – die SPD hatte immerhin die Prüfanträge zur Einführung von Grundsteuer C und Verpackungssteuer gestellt – , will die gemeinderätliche Gruppe WIR/Sportplätze erhalten vor einer Positionierung zunächst die Expertenanhörung zu den drei Steuern abwarten, die im Verwaltungsausschuss am 15. September auf der Tagesordnung steht.

Steuerdebatte im Gemeinderat

Anlass
Laut Ingo Rust, dem Ersten Bürgermeister der Stadt Esslingen, geht die Debatte über die Einführung einer Beherbergungssteuer auf die strategische Haushaltskonsolidierung zurück. In deren Rahmen war 2016 die Einführung einer Beherbergungssteuer – damals Bettensteuer – in Esslingen beschlossen worden, allerdings ohne Einführungsdatum. Man wollte die höchstrichterliche Entscheidung über die Freiburger Steuersatzung abwarten. Diese liegt inzwischen vor und bewertet die Freiburger Satzung als rechtskonform. Anlass für die Diskussion über die Einführung von Verpackungssteuer und Grundsteuer C waren laut Rust Fraktionsanträge.

Zeitplan
In der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 15. September steht die Anhörung von Expertinnen und Experten zur möglichen Einführung von Verpackungssteuer, Beherbergungssteuer und Grundsteuer C auf der Tagesordnung. Anschließend soll im Rahmen der Haushaltsberatungen über die Einführung der drei Steuern debattiert und entschieden werden.