Neue Töne im Verkehrsministerium: Der Minister Andreas Scheuer lässt sich von der Automobilindustrie nicht mehr hinhalten, meint Wirtschaftsredakteur Roland Pichler.

Berlin - Neuer Stil im Verkehrsministerium: Ressortchef Andreas Scheuer fackelt im Umgang mit den Chefs der Automobilunternehmen nicht lange. Der CSU-Politiker hat den Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche kurzerhand zum Rapport ins Ministerium bestellt. Zuvor wurde zwar auch schon der frühere Volkswagen-Chef Matthias Müller nach Berlin beordert. Doch das war auf dem Höhepunkt der VW-Abgasaffäre. Der Betrug bei Volkswagen ist in der Dimension bisher der schlimmste Fall von Fehlversagen in der Automobilindustrie. Auch wenn bei Daimler bisher weitaus weniger Dieselfahrzeuge von einem verpflichtenden Rückruf betroffen sind, greift Scheuer mit harter Hand durch. Er setzt Daimler eine Frist zur Klärung. Das ist richtig, denn die Autokonzerne haben das Vertrauen verspielt. Dass fast drei Jahre nach dem VW-Abgasskandal immer weitere Vorwürfe bekannt werden, ist schon ein Grund zum Verzweifeln. Dass der Verkehrsminister für einen Typ des Mercedes-Transporter Vito einen Zulassungsstopp verhängt, ist da nur folgerichtig.

 

Regierung hat kein Konzept gegen Stickoxidbelastung

Obwohl Scheuer im aktuellen Daimler-Fall Tatkraft beweist, lässt die Bundesregierung Konsequenz in der Dieselaffäre vermissen. Seit rund einem Jahr diskutiert die große Koalition darüber, wie die Stickoxidbelastung in Städten reduziert werden kann. Während die Umweltministerin für die Nachrüstung der Autos mit Katalysatoren wirbt, lehnt dies der Verkehrsminister ab. Auch die Kanzlerin steht der Hardware-Nachrüstung skeptisch gegenüber. Dafür mag es gute Gründe geben: Der Umbau der Dieselmotoren würde viel Jahre in Anspruch nehmen und wäre mit hohen Kosten für die Industrie verbunden. Wenn die Regierung diese Möglichkeit verwirft, sollte sie sich zu Alternativen bekennen.

Doch Kanzlerin Merkel taucht beim Thema Luftverbesserung einfach ab: Ein weiterer Dieselgipfel wurde abgesagt, weil den Autoherstellern keine neuen Opfer abverlangt werden sollen. Hinzu kommt, dass die Umrüstung mit Software-Updates für mehr als fünf Millionen Fahrzeuge nur schleppend in Gang kommt. Ähnliches gilt für den Mobilitätsfonds, von dem die Städte profitieren. Die Regierung gibt bei der Schadstoffreduktion ein hilfloses Bild ab.