VW und Audi haben im vergangenen Jahr ein hohes Bußgeld zahlen müssen, weil sie die Aufsichtspflicht verletzt haben und die Abgasreinigung von Dieselmotoren manipuliert wurde. Nun droht dem Zulieferer Bosch ebenfalls eine Strafe.

Stuttgart - Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat ein Bußgeldverfahren gegen Bosch eingeleitet. Dies bestätigte ein Sprecher des Unternehmens unserer Zeitung. „Das Verfahren steht im Kontext mit den Ermittlungen gegen Mitarbeiter der Robert Bosch GmbH im Zusammenhang des Einsatzes angeblich manipulierter Software in Steuergeräten von Dieselfahrzeugen“, so der Sprecher. Diese Manipulation der Abgasreinigung führte dazu, dass die Grenzwerte bei den Stickoxidemissionen zwar auf dem Prüfstand eingehalten wurden, nicht aber im Straßenverkehr. Ein Bußgeld wird fällig, wenn Bosch die Aufsichtspflicht verletzt hat. Das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ berichtete, dem Unternehmen drohe ein Bußgeld im dreistelligen Millionenbereich.

 

Bei der Staatsanwaltschaft laufen nach Angaben des Sprechers insgesamt sechs Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter des Stuttgarter Autozulieferers. Dabei geht es vor allem um Lieferungen an den VW-Konzern. Die Ermittlungen sind in den vergangenen Jahren jedoch Zug um Zug ausgeweitet worden. Vor einem Jahr wurden auch Mitarbeiter der US-Tochter des Zulieferers ins Visier genommen. Hier geht es um Lieferungen an Chrysler.

VW und Audi haben im vergangenen Jahr Bußgeld gezahlt

Derzeit ist unklar, wie tief Bosch in die Entwicklung der illegalen Abschalteinrichtungen involviert war. Nach Bekanntwerden des VW-Skandals im September 2015 hatte der Stiftungskonzern erklärt, die Komponenten der Abgasnachbehandlung geliefert zu haben, für deren Integration aber VW verantwortlich sei. Diese Aussage wird schon länger nicht mehr wiederholt.

Mit der Zahlung eines Bußgelds könnten die Ermittlungen gegen das Unternehmen abgeschlossen werden. Unabhängig von einer Geldbuße gegen das Unternehmen laufen die strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Mitarbeiter weiter.

VW und Audi haben im vergangenen Jahr Bußgelder gezahlt. Im Juni verhängte die Staatsanwaltschaft Braunschweig ein Strafzahlung von einer Milliarde Euro gegen VW. Im Oktober musste Audi nach einer Entscheidung der Staatsanwaltschaft München II insgesamt 800 Millionen Euro zahlen. „Die Audi AG bekennt sich damit zu ihrer Verantwortung für die vorgefallenen Aufsichtspflichtverletzungen“, teilte die VW-Tochter damals mit.

Die Wiedergutmachung des Dieselbetrugs hat VW schon mehr als 28 Milliarden gekostet

Laut dem „Spiegel“-Bericht sieht Volkswagen im Dieselskandal auch eine Mitverantwortung von Bosch und prüft deshalb Schadenersatzforderungen. Diese könnten sich auf bis zu eine Milliarde Euro summieren, berichtete das Magazin, ohne Quellen zu nennen. Die Wolfsburger hätten bereits Ende 2018 eine Klage gegen den Zulieferer vorbereitet, weil sonst eine Verjährung gedroht hätte. Inzwischen sei eine Frist bis Ende März vereinbart worden, bis dahin wollten die beiden Konzerne über das weitere Vorgehen entscheiden.

Bosch verwies auf sein jahrzehntelanges Lieferanten-Verhältnis zu Volkswagen. „Wir können uns eine solche Klage gegen Bosch nicht vorstellen“, erklärte das Unternehmen. Volkswagen äußerte sich nicht.

Die Wiedergutmachung des Dieselbetrugs hat Volkswagen bisher mehr als 28 Milliarden Euro gekostet. Damit ist die Aufarbeitung längst noch nicht abgeschlossen. Das Oberlandesgericht Braunschweig verhandelt über eine Klage der Fondsgesellschaft Deka Investment wegen erlittener Kursverluste. Hinter der Musterklägerin stehen knapp 1700 Fälle, die Summe der Forderungen beläuft sich auf rund neun Milliarden Euro. Mehr als 400 000 Besitzer von Dieselautos mit manipulierter Abgassteuerung haben sich zudem einer Musterfeststellungsklage gegen VW angeschlossen. Wann das Gerichtsverfahren beginnt, ist noch unklar.