Als zweiter deutscher Autohersteller nach VW muss nun auch Daimler wegen des Dieselskandals tausende Autos zurückrufen. Was die Besitzer von Mercedes-Diesel-Fahrzeugen nun wissen müssen.

München - Insgesamt 238 000 Fahrzeuge muss der Stuttgarter Autobauer zurückrufen, um ein Software-Update auf die Motorsteuerung aufzuspielen. Demnächst will Daimler die betroffenen Mercedes-Besitzer benachrichtigen und zu einem Werkstatttermin auffordern. Was sonst noch auf die halter zukommt:

 
Wie vielen Mercedes-Autos droht tatsächlich ein Rückruf?
In Deutschland geht es nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums um 238 000 Fahrzeuge – knapp ein Zehntel dessen, was VW in Deutschland zurückrufen muss. Ob das bei Daimler aber schon das gesamte Ausmaß ist, bezweifelt etwa der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Es gebe Hinweise auf eine noch größere Dimensionen. Daimler geht dagegen davon aus, dass sich die Gesamtzahl der in Deutschland betroffenen Diesel-Autos nicht mehr erhöht.
Um welche Modelle geht es?
Neben dem bereits angekündigten Rückruf von 4900 Mercedes-Transportern des Modells Vito wird es vor allem die sehr verbreitete C-Klasse und den Geländewagens GLC treffen. Beim Vito sind die Motorvarianten OM 622 und OM 651 betroffen, beim GLC ebenfalls der OM 651, sagt Daimler. Bei der C-Klasse mit der sehr umfangreichen Motorenpalette ist außer dem 220d noch keine konkrete Variante bekannt. Manche Diesel-Motoren sind in vielen Modellreihen verbaut worden. Über C-Klasse, Vito und GLC hinaus könnte es also auch noch andere Fahrzeuge treffen. Weitere möglicherweise relevanten Modelle würden derzeit noch firmenintern evaluiert, räumt Daimler ein. Die Verbraucherzentralen fordern von Daimler oder dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) möglichst schnell eine Datenbank online zu stellen, in dem sich Mercedes-Fahrer informieren können, ob ihre Autos betroffen sind.
Außerdem im Video: Was sagen Menschen in Stuttgart dazu, dass offenbar auch Daimler bei der Abgasmessung trickst? Wir haben uns mit der Kamera umgehört.
Was wird repariert?
Der ADAC sieht das Prozedere bei VW als Blaupause. Demnach erhalten die betroffenen Mercedes-Modelle ein für Autobesitzer kostenloses Update, aber keine Hardware-Nachrüstung. Daimler bestätigt das.
Wann läuft der Rückruf an und wie erfahren Halter, ob ihr Wagen betroffen ist?
Der ADAC schätzt, dass das mehrere Monate dauert. Ein offizieller Zeitplan für Mercedes existiert noch nicht. Daimler sagt, dass für die 238 000 aktuell beanstandeten Fahrzeuge keine neue Software mehr geschrieben werden muss, weil sich der Rückruf dafür größtenteils mit den freiwilligen Updates für drei Millionen Mercedes-Fahrzeuge überschneidet, der voriges Jahr beim Diesel-Gipfel zwischen deutschen Autokonzernen und der Politik vereinbart worden war. Sobald das KBA die Updates genehmigt hat, will Daimler betroffene Kunden anschreiben und zu einem Werkstatttermin auffordern. Autobesitzer haben dann 18 Monate Zeit, ein Update aufspielen zu lassen, was pro Auto etwa eine Stunde dauert. Für Updates hat Daimler bislang ein Kosten von 220 Millionen Euro veranschlagt.
Wie sollen sich Halter jetzt verhalten?
ADAC und Verbraucherschützer warnen vor Panikverkäufen. Diesel-Fahrzeuge seien im Augenblick nur noch unter erheblichem Wertverlust loszuschlagen. Besser sei es, auf den Rückruf zu warten und die Software dann auch aufspielen zu lassen.
Was passiert, wenn ein Mercedes-Fahrer sich weigert, die Software aufspielen zu lassen?
Dann legt das KBA den Wagen still. Das passierte bereits einigen VW-Fahrern. Laut ADAC haben 98 Prozent aller VW-Dieselbesitzer einem Update zugestimmt. Zwei Prozent verweigern sich bislang.
Entstehen Fahrzeughaltern Kosten?
Das Software-Update selbst wird kostenlos sein. Die Verbraucherschützer befürchten jedoch danach einen höheren Verbrauch der Harnstofflösung Adblue, die bei vielen Dieselmodellen zur Abgasreinigung eingesetzt wird. Daimler erwartet „keine relevanten“ Veränderungen bei Verbrauch, Leistung, Geräuschverhalten oder Zuverlässigkeit nach einem Update. Sollte es zu einem Adblue-Mehrverbrauch kommen, bleiben Verbraucher auf diesen Kosten sitzen, rügt der VZBV. Gleiches gelte für allgemeinen Wertverlust von Diesel-Modellen. Der Auto Club Europa verlangt eine Entschädigungspflicht für Hersteller.
Wann wird die Aktion abgeschlossen sein?
Der ADAC schätzt, dass sich die Rückrufaktion mindestens bis ins nächste Jahr hineinziehen wird.
Können Diesel-Besitzer ihren Wagen auch zurückgeben?

Das ist juristisch sehr umstritten. Als erstes deutsches Oberlandesgericht hat das OLG Köln einen Autohändler zur Rücknahme eines Schummel-Diesels des Modells VW Eos 2.0 TDI verurteilt, betonen Rechtsanwälte der Kanzlei Lehnen & Sinnig. Im Kölner Fall erhält der Fahrzeughalter den Kaufpreis abzüglich eines Nutzungsentgelts für gefahrene Kilometer zurück.