Das Kontrollgremium, dem der VW-Chef Matthias Müller vorsteht, stellt sich hinter den Vorstandsvorsitzenden von Audi. Rupert Stadler habe nichts von manipulierten Abgaswerten gewusst.

München - Es war nicht das erste Mal, dass Audi-Chef Rupert Stadler sich konzernintern in Sachen VW-Dieselskandal erklären musste. Bei einer mehrstündigen Sitzung wollte es der Aufsichtsrat der Ingolstädter VW-Tochter genau wissen, ist aber nun sicher, dass der 53-Jährige sich nichts hat zu Schulden kommen lassen. Das Gremium weist alle Vorwürfe gegen den Audi-Boss zurück, die bei einem Arbeitsgerichtsprozess gegen ihn erhoben wurden. „Die dem Arbeitsgericht in Heilbronn vorgelegten Dokumente sind seit längerer Zeit bekannt und belegen die Vorwürfe nicht. Der Aufsichtsrat spricht Rupert Stadler sein Vertrauen aus“, erklärte VW-Chef Matthias Müller. In Personalunion ist er zugleich Audi-Aufsichtsratschef.

 

Beurteilung stützt sich auf Prüfung der Rechtsanwaltskanzlei Gleiss Lutz

Diese Beurteilung, die Stadler zumindest konzernintern aus der Schusslinie nimmt, stützt sich auf eine Prüfung der Münchner Rechtsanwaltskanzlei Gleiss Lutz. Die hat die vor Gericht geäußerten Vorwürfe des ehemaligen Leiters der Dieselmotoren-Entwicklung am Audi-Standort Neckarsulm, Ulrich W., noch einmal im Detail unter die Lupe genommen und sie als nicht tragfähig eingestuft. Der Motorenentwickler ist mittlerweile von Audi gekündigt, sieht sich aber nur als Bauernopfer in der Abgasaffäre.

Sein Anwalt hat vor dem Heilbronner Gericht Schriftstücke aus einem Gespräch mit Stadler präsentiert. Auf den Vorhalt seines Mandanten, er selbst werde für Vorstand und Aufsichtsrat geopfert, habe Stadler demnach mit den Worten „Da ist was Wahres dran“ geantwortet. Nach Darstellung des 48-jährigen Motorenentwicklers, der mit 458 000 Euro Jahresgehalt zwei Hierarchiestufen unter Stadler angesiedelt ist, habe dieser die von VW in Wolfsburg befohlene Manipulation der Abgaswerte abgesegnet und schon 2012 davon gewusst.

Die eigene Abwehrstrategie bekräftigt

Manipulierte Motoren wurden seinerzeit hauptsächlich bei VW, im Fall größerer Drei-Liter-Motoren zum kleineren Teil aber auch bei Audi zur Verwendung im Gesamtkonzern entwickelt.

Was als Arbeitsgerichtsprozess begonnen hat, zielt damit also mittlerweile auf das Herz der VW-Verteidigungsstrategie in der Abgasaffäre. Die geht demnach auf das Fehlverhalten einiger Weniger zurück, wobei Vorstände wie Stadler erst im Herbst 2015 vom kriminellen Tun erfahren haben wollen. Insofern hat der Audi-Aufsichtsrat unter Müller nicht nur Stadler das Vertrauen ausgesprochen, sondern auch die eigene Abwehrstrategie auch gegen Schadenersatzforderungen bekräftigt. Die Nagelprobe, ob das auch neutraler Betrachtung stand hält, steht noch aus. In der Audi-Aufsichtsratssitzung seien auch Schriftstücke und Originaldokumente präsentiert worden, heißt es. „Das ist handfest“, beschwört ein Insider. Damit rückt in Konsequenz eine angedrohte Klage von Audi gegen Unbekannt wegen falscher Verdächtigungen und Verrat von Betriebsgeheimnissen näher. Auf alle Fälle will der Konzern die Expertise der Gleiss-Lutz-Rechtsanwälte auch dem Heilbronner Arbeitsgericht zukommen lassen, um dessen Urteil noch beeinflussen zu können. Das wird am 10. März verkündet.

Erst dann wird klar sein, ob auch das Arbeitsgericht den Angaben Stadlers folgt. Vor Gericht stand zuletzt Wort gegen Wort. Ganz sicher kann man sich aber auch dann noch nicht sein, dass er die Affäre unbeschadet übersteht. Arbeitsgerichtlich sind weitere Instanzen möglich. Und im weit verzweigten Volkswagen-Konzern ist intern offenbar noch manche Rechnung offen. „Es wird Leute geben, die nachlegen“, schätzt ein Insider.