Hat Hannes Rockenbauch (SÖS) gegen die Etikette verstoßen? Und warum hat Dejan Perc (SPD) die Abstimmung geschwänzt? Am Tag nach der Ablehnung der Bürgerbegehren im Rat wird darüber debattiert.
Stuttgart - Die turbulente Gemeinderatssitzung mit den beiden abgelehnten Bürgerbegehren zu Stuttgart 21 hat die Frage nach den Verhaltensregeln für Stadträte aufgeworfen. Der Auftritt von Hannes Rockenbauch (SÖS-Linke-Plus), der als einziger nicht von seinem Platz aus redete, sondern vom Pult aus, und der zudem seinen Beitrag mit Folien unterlegen wollte, hatte viele Ratskollegen geärgert. Sie verweigerten ihm prompt die Präsentation.
Das sei in Ordnung gewesen, sagt Bürgermeister Werner Wölfle (Grüne). Was nicht in der Rede- und Verhandlungsordnung geregelt sei – und von Folien stehe da nichts – müsse vom Gemeinderat geklärt werden. Gewöhnlich bereden die Fraktionschefs vor den Sitzungen, zu welchen Themen Aussprachen stattfinden und ob dies vom Pult aus geschieht. Rockenbauch hat sich das offenbar geschenkt. Nicht einmal der Sitzungsdienst sei über den Technikeinsatz informiert gewesen, ärgert sich Wölfle. Die kurzen Hosen des SÖS-Chefs seien aber nicht zu beanstanden. Im Rathaus gebe es keinen Dresscode.
Die Redezeit darf in der Regel drei Minuten nicht überschreiten, bei verabredeten Themen sind es zehn Minuten. Rockenbauch verstieß mehrfach dagegen, weshalb er vom OB Kuhn ermahnt wurde. Früher gab es eine Ampel im Saal. Sie wurde aber abgeschafft. Die Geschäftsordnung untersagt allerdings auch Zwischenrufe. Dagegen verstoßen viele Stadträte. Auch haben auffallend viele Rockenbauch-Gegner ihr Desinteresse an seinem Vortrag dokumentiert, indem sie demonstrativ den Saal verließen. Oder sie verkürzten sich die Zeit bis zum Redeende mit Surfen im Internet.
SPD-Chef Perc glänzt bei Abstimmung durch Abwesenheit
„Ich bin dann mal kurz weg“, hat sich wohl auch Dejan Perc gesagt, der nicht nur SPD-Stadtrat ist, sondern als Vorsitzender so etwas wie das Rückgrat der Kreispartei. Hader unter den Genossen vermuten Projektkritiker als Grund dafür, dass er am Donnerstag bei den Abstimmungen zu S 21 durch Abwesenheit glänzte. Denn noch am Vortag hatte der Tiefbahnhof-Gegner im Verwaltungsausschuss für ein Rederecht von Vertretern der Bürgerbegehren zu Stuttgart 21 gestimmt und damit die Fraktionslinie missachtet. Damit war für Feuer unterm SPD-Dach gesorgt.
Diese unabhängige Haltung währte nur aber einen Tag: Um seine stramm auf S-21-Kurs liegenden Genossen mit einem neuerlichen Ja zum SÖS-Antrag nicht erneut vor den Kopf zu stoßen, verließ Perc vor der Entscheidung den Saal. Im Nachhinein betrachtet eine unnötige Aktion: Auch seine Stimme hätte die Ablehnung nicht verhindert. Fraktionschef Martin Körner wollte das Verhalten seines Stadtratskollegen nicht kommentieren. Auch Perc schweigt dazu. StZ-Anfragen ließ er unbeantwortet.