Karl-Heinz Däke, der Präsident des Bundes der Steuerzahler, lehnt höhere Bezüge für die Bundestagsabgeordneten ohne Reformen ab.

Berlin - Karl-Heinz Däke, der Präsident des Bundes der Steuerzahler, lehnt höhere Bezüge für die Bundestagsabgeordneten ohne Reformen ab.

 

Herr Däke, der Bundestag wollte am Donnerstag in den Abendstunden, also außerhalb der Kernzeiten des Parlaments, eine Diätenerhöhung beschließen. Deutet das auf ein schlechtes Gewissen?

Ich habe nicht den Eindruck, dass die Abgeordneten ein schlechtes Gewissen haben. Das Vorgehen zeigt aber, dass die Abgeordneten die Debatte nur ungern in der Öffentlichkeit austragen wollen.

Die Diäten der Parlamentarier sollen 2012 um 3,8 und 2013 um 3,7 Prozent erhöht werden. Ist dies angemessen?

Die Diätenerhöhung wird jedes Mal mit denselben Argumenten begründet. Ich hätte nichts gegen eine Anhebung der Abgeordnetenentschädigung, wenn sich der Bundestag zu einer grundlegenden Reform durchringen könnte. Notwendig ist vor allem eine Neuregelung der Altersversorgung der Abgeordneten. Ich begrüße sehr, dass der Deutsche Bundestag eine Expertenkommission einsetzen will, die Empfehlungen für eine Reform geben soll. Es ist ein hoffnungsvolles Zeichen, dass der Bundestag bis zum Ende der Wahlperiode einen Vorschlag vorlegen will, wie die Altersvorsorge geregelt wird.

Wie soll die Reform aussehen?

So ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen. Der Düsseldorfer Landtag rang sich vor einigen Jahren durch, alle Privilegien der Abgeordneten abzuschaffen und eine Abgeordnetenentschädigung auszuzahlen. Aus den Diäten müssen dann alle Aufwendungen der Abgeordneten bestritten werden, einschließlich der Altersvorsorge. Das halte ich für einen vernünftigen Weg. Die Entschädigung liegt zwar höher als bisher. Dafür sind die Volksvertreter endlich den Makel los, dass sie sich Privilegien zubilligen, die andere Bürger nicht haben.

Die Abgeordneten argumentieren, die Öffentlichkeit erkenne es kaum an, wenn sie sich mit Erhöhungen zurückhielten. Von 2003 bis 2007 blieben die Diäten unverändert. Wird Bescheidenheit zu wenig honoriert?

Der Bund der Steuerzahler hat die damalige Zurückhaltung der Parlamentarier sehr wohl begrüßt. Ich sage auch ganz klar, dass eine gewisse Anhebung der Diäten aktuell sicherlich angemessen ist. Doch das kann nicht ohne eine Reform des gesamten Systems geschehen. Vorbilder dafür gibt es auch im baden-württembergischen Landtag, der die Altersvorsorge der Parlamentarier in privatwirtschaftlichen Systemen organisiert. NRW, Bremen und Schleswig-Holstein gingen noch radikalere Wege.

In der Öffentlichkeit wird die Diätenerhöhung gern mit der Rente oder Sozialleistungen verglichen. Die Renten erhöhen sich in diesem Jahr um 0,99 Prozent, die Abgeordnetenbezüge steigen um das Vierfache. Ist das ein fairer Vergleich?

Wenn die Diäten mit den Rentenanpassungen verglichen werden, ergibt sich sicherlich ein Ungleichgewicht. Beide Systeme sind aber völlig unterschiedlich.

Finanzminister Wolfgang Schäuble muss sparen; nach wie vor klaffen Milliardenlöcher im Haushalt. Sollte der Bundestag nicht maßhalten?

Um solche Fragen hat sich der Deutsche Bundestag bei der Festsetzung der Diäten noch nie gekümmert. Im Parlament herrscht weitgehend Einigkeit, dass sich die Diäten an den Bezügen der obersten Bundesrichter orientieren. Danach richten sich die Volksvertreter. Völlig inakzeptabel ist es zudem, im selben Gesetzentwurf zur Diätenerhöhung im Hauruckverfahren auch die Steuerzuschüsse an die Parteien gemäß Parteiengesetz von bislang jährlich 133 Millionen Euro auf 141,9 Millionen Euro in diesem Jahr und auf 150,8 Millionen Euro im kommenden Jahr heraufzusetzen. Die Parteien sollten sich mit Rücksicht auf die Lage der Staatsfinanzen bescheiden. Die vielfach rückläufigen Wahlbeteiligungen und Mitgliederzahlen dürfen nicht noch mit einem größeren Zuschuss an die Parteien belohnt werden.