Der CDU-Abgeordnete Manfred Groh beschäftigt den Freund seiner Tochter als Mitarbeiter. Rechtlich ist das möglich, auch ein Geschmäckle kann er nicht daran finden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Es gibt ganz unterschiedliche Gründe, nicht oder zumindest vorerst nicht zu heiraten. Der eine prüft sich lieber noch ein bisschen, ehe er sich dauerhaft bindet. Die andere muss erst geschieden werden, bevor sie eine neue Ehe eingehen kann. Ein Dritter hält den Gang zum Standesamt vielleicht für völlig überflüssig oder unzeitgemäß.

 

Für Abgeordnete könnte es noch einen Grund geben, auf den Trauschein zu verzichten: Sie dürfen ihren Partner oder ihre Partnerin dann nicht mehr auf Kosten des Parlaments als Mitarbeiter beschäftigen. Solange der Politiker und seine Helferin in wilder Ehe zusammenleben, erstatten der Bundestag und der baden-württembergische Landtag anstandslos die Bezahlung. Sobald die Liaison aber offiziell besiegelt ist, endet der Geldfluss aus Steuermitteln: eine Kostenübernahme für Angetraute (oder Verpartnerte gleichen Geschlechts) verbieten die Regeln in Berlin und Stuttgart gleichermaßen. Mit ihrer Unterschrift unter der Anstellung müssen die Abgeordneten versichern, dass sie mit dem Mitarbeiter nicht verheiratet, verwandt oder verschwägert sind.

Kündigung zwölf Tage vor der Heirat

Es geht also in gewisser Weise um die Frage: Geld oder Liebe? Im Zuge der Mitarbeiteraffäre in Bayern, wo es einen solchen Ausschlussgrund formal nicht gab, geriet etwa die CSU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär ins Blickfeld: Über gut drei Jahre hinweg beschäftigte sie ihren Verlobten, einen Juristen, mehrfach als Mitarbeiter. Das letzte Arbeitsverhältnis endete am 31. Januar 2006. Keine zwei Wochen später, am 12. Februar, heirateten die beiden standesamtlich. Vom Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) ließ sich Bär bestätigen, dass alles seine Richtigkeit gehabt habe und der Begriff „Lebenspartner“ wirklich nur gleichgeschlechtliche Beziehungen betreffe.

Auch der Freiburger Bundestagsabgeordnete und SPD-Spitzenkandidat Gernot Erler erbat unlängst eine solche Bescheinigung. Was in seiner Heimatstadt kein Geheimnis war, brachte ihn bundesweit in die Schlagzeilen: Jawohl, bestätigte der 69-Jährige der StZ, „ich unterhalte seit vielen Jahren eine persönliche Beziehung zu einer meiner Wahlkreismitarbeiterinnen“. Da man nicht miteinander verheiratet sei, stehe dies „im Einklang mit dem Abgeordnetengesetz und den Rechtsvorschriften des Deutschen Bundestages“. CDU-Leute empörten sich dennoch über den Fall Erlers und den der Mannheimer SPD-Landtagsabgeordneten Helen Heberer, die angeblich arglos ihren Stiefsohn als Wahlkreismitarbeiter beschäftigt hatte: Beide müssten „endlich absolute Transparenz“ schaffen, forderte Landeschef Thomas Strobl, sonst würden die Vorgänge „für die SPD eine schwere Belastung“.

„Größtes Vertrauen“ in den Freund der Tochter

Nun wird bei der CDU eine Konstellation bekannt, die wie bei Erler zwar rechtlich unangreifbar ist, aber dennoch ein Geschmäckle hat. Der Karlsruher Landtagsabgeordnete Manfred Groh (64) beschäftigt im Wahlkreisbüro einen jungen Mann, auf den er große Stücke hält. Nicht nur fachlich sei der wissenschaftliche Mitarbeiter, der Politik, Volkswirtschaft und Geschichte studiert hat, tipptopp, auch persönlich habe er „größtes Vertrauen“ zu ihm. Kein Wunder, schließlich gehört Johannes T. gleichsam zur Familie: Er ist mit Grohs Tochter Sabine liiert, die beiden leben in Karlsruhe in einer gemeinsamen Wohnung. T. kam sogar als kooptiertes Mitglied in den CDU-Kreisvorstand, weil Groh wegen der Termine in Stuttgart oft nicht an den Sitzungen teilnehmen kann.

Bestätigt der frühere Wirtschaftsbürgermeister seinen Ruf als „Mauschel-Manni“? So nennen ihn Karlsruher Kritiker wegen seiner teils undurchsichtigen Amtsführung. Groh sieht das ganz anders: „Ich kann ja nichts dafür, dass sich da zwei junge Leute kennengelernt haben.“ Moralisch sei an der Beschäftigung T.’s nichts auszusetzen, rechtlich sowieso nicht. Das bestätigt der Landtagssprecher: Erst wenn aus dem möglichen der tatsächliche Schwiegersohn werde, wäre die Übernahme von Aufwendungen „nicht mehr zulässig“.

Auch bei einem Fraktionskollegen beschäftigt

Ganz aus dem Schneider ist Grohs Fraktionskollege Patrick Rapp, der Johannes T. ebenfalls beschäftigt, auf 400-Euro-Basis in seinem Landtagsbüro. „Die Personalauswahl erfolgte nach fachlichen Kriterien“, teilte der Breisgauer CDU-Abgeordnete mit. „Persönliche Verhältnisse“ habe er im Bewerbungsgespräch gemäß der geltenden Rechtslage nicht abgefragt.

Manfred Groh steckt derweil in einer gewissen Zwickmühle. Einerseits möchte er seinen tüchtigen Assistenten nicht verlieren, andererseits aber auch dem Glück seiner Tochter „nicht im Weg stehen“. Man wisse ja „heutzutage nie, wie lange so etwas hält“, sagt der Arbeitgeber und Vater. Wenn es aber zur Ehe komme, müsse er seinen Schwiegersohn schweren Herzens entlassen. Er wäre, natürlich nur nach rechtlichen Kriterien, „nicht mehr tragbar“.