Der Streit zwischen Russland und der Türkei spitzt sich zu. Moskau droht mit Wirtschaftssanktionen und fordert eine Bestrafung der Verantwortlichen, Erdogan kritisiert das russische Vorgehen in Syrien.

Moskau/Ankara - Der Ton zwischen Ankara und Moskau bleibt nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei rau. Der russische Präsident Wladimir Putin sagte am Donnerstag in Moskau, er erwarte eine Entschuldigung der Türkei und eine Bestrafung der Verantwortlichen. Beides sei noch nicht geschehen. Ministerpräsident Dmitri Medwedew sagte, es würden Wirtschaftssanktionen geprüft. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisierte das russische Vorgehen in Syrien scharf.

 

Die Türkei hatte am Dienstag in ihrem Grenzgebiet zu Syrien eine russische Militärmaschine mit zwei Mann Besatzung abgeschossen. Diese war nach Angaben aus Ankara in den türkischen Luftraum eingedrungen und hatte auf Warnungen nicht reagiert. Der Pilot, der den Abschuss überlebt hatte, sagte dagegen, er sei nicht über türkisches Gebiet geflogen. Darüber hinaus habe es keine Warnungen gegeben.

Russland verweigert türkischen Lkw die Einreise

Putin monierte, die Türkei habe noch nicht einmal angeboten, die Schäden zu ersetzen. Er bedauere, dass sich die Beziehungen beider Länder derart verschlechtert hätten. Ministerpräsident Medwedew sagte, er habe sein Kabinett angewiesen, Strafmaßnahmen vorzuschlagen, zu denen auch die Aufkündigung von Investitionsprojekten gehören könnte.

Russland verweigert bereits türkischen Lastwagen die Einreise. Hunderte Lkw mit türkischen Kennzeichen blieben nach Angaben des georgischen Zolls an der russischen Grenze stehen. Die verschärften Kontrollen für türkische Importe erfolgten nach Angaben des russischen Präsidentensprechers Dmitri Peskow aus „verschiedenen Gründen“ - einschließlich einer möglichen terroristischen Bedrohung.

Erdogan zeigte kein Entgegenkommen. Vielmehr warf er Russland vor, seinen Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat in dem Bürgerkriegsland als Vorwand zu nutzen, um Oppositionsgruppen ins Visier zu nehmen - mit dem Ziel, den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu stärken. Die Türkei habe mit dem Abschuss nicht gezielt Russland ins Visier genommen, betonte er. Das Vorgehen sei „eine automatische Reaktion“ gewesen, die mit den türkischen Verhaltensregeln in Einklang gestanden habe. Wenn sich das Land heute dem gleichen Verstoß gegenüber sähe, würde es genauso reagieren.

Weitere Einsätze an der syrisch-türkischen Grenze geflogen

Sein Außenminister Mevlüt Cavusoglu reagierte mit mäßigenden Worten. Er hoffe, dass die Diplomatie gewinnen werde. Putin und Erdogan würden sich bald zu einem Vieraugengespräch treffen.

Die russische Luftwaffe flog nach Angaben eines Aktivisten-Netzwerks erneut Luftangriffe nahe der syrisch-türkischen Grenze. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte mit, Ziel sei eine Straße gewesen, die von der Grenzstadt Asas zum Grenzübergang Bab al-Salame führt.

Russland soll sein angekündigtes hochmodernes S-400-Luftabwehrsystem bereits auf seinem Luftwaffenstützpunkt Hemeimim in Syrien installiert haben. Präsident Putin hatte am Mittwoch als Reaktion auf den Abschuss angekündigt, das hochmoderne S-400-System zu verlegen. Hemeimim liegt nur 50 Kilometer südlich der türkischen Grenze.

Um die Richtigkeit ihrer Angaben über den Abschuss zu begründen, veröffentlichte die Türkei Details der Warnungen an die Piloten. Die Aufnahmen, die der Nachrichtenagentur AP vorlagen, weisen darauf hin, dass das Flugzeug mehrere Mal gewarnt wurde, den türkischen Luftraum erreicht zu haben. Die auf der Aufnahme zu hörende Stimme sagt: „Hier spricht die wachhabende türkische Luftwaffe. Sie nähern sich dem türkischen Luftraum. Ändern Sie den Kurs unverzüglich Richtung Süden.“