Im Abhörskandal gerät nun auch die „Daily Mirror“ unter Druck: Paul McCartney und seine Ex-Frau Heather Mills sollen zu deren Opfern gehören.

London - Der britische Abhörskandal zieht weitere Kreise. Jetzt soll auch der Popmusiker Paul McCartney zu den Opfern gehören. Der frühere Beatle schimpfte dieser Tage in einem Interview, dass eine Telefonnachricht von ihm für seine damalige Freundin Heather Mills abgehört worden sei. "Das ist eine entsetzliche Verletzung der Privatsphäre", sagte McCartney. "Und ich denke, das ging schon eine ganze Weile so, und mehr Leute, als wir kennen, wussten davon." McCartney, der sich gerade auf einer Tour in den USA befindet, kündigte an, dass er nach seiner Rückkehr nach Großbritannien mit der Polizei sprechen werde.

 

Es geht um eine sehr private Nachricht, die der Musiker 2001 auf dem Anrufbeantworter seiner späteren Ehefrau Heather Mills hinterließ. McCartney hatte damals einen Streit mit ihr, die daraufhin nach Indien entfloh. In der Nachricht auf dem Anrufbeantworter soll der Sänger Heather angefleht haben, zu ihm zurückzukehren. Heather Mills hatte bereits am Mittwoch gegenüber dem britischen TV-Sender BBC offenbart, dass sie hinterher von einem Journalisten des Boulevardblattes "Daily Mirror" angerufen worden sei, der sie zu dem Vorfall befragte und wortwörtlich aus der Nachricht zitiert habe. Nachdem sie ihm drohte, zur Polizei zu gehen, habe der Journalist versprochen, die Geschichte doch nicht zu veröffentlichen.

Auch die "Daily Mirror" gerät nun ins Blickfeld

Allerdings griff fünf Jahre später der Journalist Piers Morgan die Story wieder auf. Morgan, der zur Zeit des Hackings Chefredakteur des "Daily Mirror" war, schrieb 2006 in einem Beitrag für die "Daily Mail", dass er die Nachricht kennen würde. "Es war herzzerbrechend", so Morgan. "Die beiden hatten eindeutig einen Krach. Paul hat sie inständig gebeten zurückzukehren. Er klang einsam, unglücklich und verzweifelt und sang sogar We can work it out'." Jetzt kommt Morgan, der sich mittlerweile eine Karriere in den USA als Topmoderator beim hochseriösen amerikanischen TV-Nachrichtensender CNN aufgebaut hat, unter Erklärungsdruck. "Ich habe niemals ein Telefon gehackt", ließ er verlauten, "habe niemandem befohlen, ein Telefon zu hacken, noch habe ich meines Wissens eine Story veröffentlicht, die aufgrund eines gehackten Telefonats entstand."

Das ist eine Behauptung, die Morgan mittlerweile kaum noch jemand abnehmen will, schon gar nicht die Abgeordneten des parlamentarischen Medienausschusses in London, die ihn jetzt gerne zu den Vorwürfen vernehmen würden. Dessen Vorsitzender John Whittingdale verlangt Morgans Erscheinen ebenso wie die Vizechefin der oppositionellen Labour-Partei, Harriet Harman: "Hacking ist eine Straftat, und jede Anschuldigung muss gründlich untersucht werden. Es scheint viel weiter verbreitet gewesen zu sein, als wir dachten."

Der Abhörskandal begrenzte sich zuerst nur auf die Zeitung "News of the World" des Medienkonzerns News Corp von Rupert Murdoch, die inzwischen eingestellt wurde. Mit den Anschuldigungen von Paul McCartney gerät jetzt das Konkurrenzblatt "Daily Mirror" ins Blickfeld. Deren Besitzer "Trinity Mirror" hatte Heather Mills Anschuldigungen zunächst als "unbegründet" zurückgewiesen und erklärt, dass Mirror-Journalisten "innerhalb der Grenzen der Gesetze und des Pressekodex" arbeiten würden. Kritiker weisen darauf hin, dass die Erklärung im Präsens gehalten ist und keine Aussagen darüber machen würde, was 2001 vor sich gegangen sei. Die Forderungen werden lauter, dass auch "Trinity Mirror" jetzt eine Untersuchung vergangener Recherchepraktiken beginnen müsse.