Für vier Wochen sind jetzt alle Lokale geschlossen. Manche versorgen ihre Gäste dennoch weiterhin. Aber lohnt sich das überhaupt für die Restaurants in Stuttgart?

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Mit „nicht kleckern, sondern klotzen“ hat Wirtschaftsminister Peter Altmaier die neue Corona-Hilfe angekündigt. Bis zu 75 Prozent des Umsatzes vom November des Vorjahres sollen auch Restaurants bekommen, die jetzt wieder für vier Wochen geschlossen sein müssen. Das wäre mehr, als die meisten Gastronomen zuletzt im Monatsschnitt erwirtschaften konnten. Rosario Lamattina, Geschäftsführer des großen Sehen-und-gesehen-werden-Italieners Perbacco an der Tübinger Straße, mag das kaum glauben. „Hilfe wird es sicher geben, aber wohl kaum für alle in der vollen Höhe.“ Er vermutet: „Das haben die erst einmal gesagt, um die Lage zu beruhigen.“

 

Zumindest gibt es noch viele ungeklärte Detailfragen zum neuen Hilfsprogramm. Wenn zum Beispiel bei Betrieben, die es im November 2019 noch gar nicht gegeben hat, tatsächlich der Umsatz von Oktober 2020 als Bemessungsgrundlage dient, wie es heißt, wären diese deutlich schlechter dran. Die Greek Cuisine Taverna an der Eberhardstraße beim Schwabenzentrum ist so ein Härtefall. Wenige Wochen vor der ersten Corona-Schließung im März hatte Diamantis Christos sein Restaurant eröffnet. Zuvor habe er viel in den Umbau investiert und lange auf eine Freigabe des Baurechtsamts warten müssen.

Der Chef fährt selbst aus

Nach der Wiedereröffnung hat seine Taverna zwar schon einige gute Bewertungen bekommen, „aber als noch relativ Unbekannter muss man die Leute ja erst mal für sich gewinnen“. Mit gutem Essen, wie Christos sagt: „Ich mache hier keine Imbissküche, sondern biete Qualität an.“ Deswegen habe er sich bei der ersten Schließzeit im Frühjahr entschieden, keinen Abholservice zu machen, weil: „Vor Ort ist das Essen immer besser.“ Nun jedoch muss er liefern. „Ich habe zwei Köche und will niemanden entlassen“, sagt der Chef, der selbst mit ausfahren will.

Abholservice als Grundversorgung

Bei Gerichten außer Haus stellt sich für viele Gastronomen die Grundsatzfrage: Selbstabholung, ja – aber auch Lieferung? Viele kleine Betriebe können das nicht stemmen. Und wenn das Essen über den Branchenriesen Lieferando bestellt und auch gebracht wird, sind 30 Prozent Provision fällig.

Im Biorestaurant Lässig an der Gerokstraße geht der Betrieb wie auch im Frühjahr bei der ersten Schließung auf jeden Fall weiter, allerdings nur zur Selbstabholung. „Das lief eigentlich ganz gut“, sagt die Inhaberin Sabine Brand-Lässig. Groß Geld verdienen lasse sich damit zwar nicht, aber diese Art von Grundversorgung der Nachbarschaft und auch von Kanzleien in Halbhöhenlage habe für sie einen „solidarischen Aspekt“. Der Zuspruch der Stammgäste sei da, vor allem für den Mittagstisch, den es seit Beginn der Pandemie an sieben Tagen die Woche gibt. Dafür ist abends nur noch von donnerstags bis samstags geöffnet.

Gans to go gibt es auch wieder

Essen außer Haus bietet auch die Tauberquelle seit dem Frühjahr an, anfangs eher, „um im Gespräch zu bleiben“, wie die Inhaberin Gabriele Schäfer sagt. Inzwischen sei die Nachfrage besser, und ab sofort gibt es außer Maultaschen & Co. auch wieder Gans to go wie vielerorts. Immerhin: Anders als bei vielen Wirten in der City kann man an der Torstraße auf Anwohner zählen, etwa aus dem dahinter gelegenen Gerberviertel.

Wie in der Tauberquelle lief auch der Sommer im Biergarten des Amadeus gut, jedoch „weit weg von einer richtigen Wirtschaftlichkeit“, sagt Axel Werft, Geschäftsführer der Location am Charlottenplatz. Im Gegensatz zum Frühjahr überlege man jetzt, auf die Schnelle Martini-Kochboxen zum Abholen anzubieten. Aber ob sich der Aufwand für vier Wochen lohne? Werft ist skeptisch. „Zusätzlich Geld verbrennen“ wolle man jedenfalls nicht.

Nicht bereichern, sondern überleben

Grundsätzlich sagt der Amadeus-Geschäftsführer: „75 Prozent des Vorjahresumsatzes sind schon eine Nummer.“ Aber er weiß auch, dass die neue Unterstützung irgendwie verrechnet wird mit Überbrückungshilfen und Kurzarbeitergeld. „Es geht ja gar nicht darum, sich zu bereichern, sondern nur ums Überleben.“ Das neue Hilfsprogramm hält er für ein gutes Instrument, um überhaupt „wieder atmen zu können“. Viele hätten doch schon eine Menge in Abstands- und Hygienemaßnahmen, in Heizpilze und Luftfilter investiert, „aber irgendwann geht auch die Kreativität und der Mut verloren.“

Im Gourmetrestaurant 5 an der Bolzstraße aber werden wie im Frühjahr Lunchpakete und Kochboxen für den Abend kreiert. Ob to go oder gar nichts hängt auch immer vom Standort ab. Rosario Lamattina vom Perbacco sagt, außerhalb eines Wohngebiets und mit vielen Büroangestellten im Homeoffice bleibe man dabei: kein Abholservice. „Und nur für Pizza – da gibt es genügend andere.“ Aber er kann insofern für alle sprechen, wenn er sagt: „Wir hätten jetzt ein super Weihnachtsgeschäft gebraucht.“