Mit dem Fach Deutsch haben am Mittwoch die schriftlichen Abiturprüfungen begonnen. Fünfeinhalb Stunden lang befassten sich die Schüler mit Prosa, Lyrik und Essays, mit zeitgenössischen Autoren und Georg Büchner.

Stuttgart - Aus dem Raum für die schriftliche Prüfung am Solitude-Gymnasium in Stuttgart-Weilimdorf dringt kein Laut, auf den Fluren halten sich die Schüler strikt an die Bitte um Ruhe. Deutsch stand am Mittwoch auf dem Prüfungsplan, klar erkennbar an den Reclam-Heften auf den Tischen.

 

„Natürlich waren die Schülerinnen und Schüler etwas aufgeregt, aber ein erhöhter Adrenalinspiegel gehört nun mal zur Prüfung“, sagt Rektor Bruno Stegmüller. Alle 62 Abiturienten seines Gymnasiums seien morgens um 8 Uhr angetreten. Jetzt, kurz vor 13 Uhr, ist Ferhat Tekin (19) einer der ersten, der den Prüfungsraum verlässt. Er strebt der Garderobe zu und erzählt, er habe sich für die Texterörterung entschieden. „Die Form hat mich gereizt, während ich mit einem Werkvergleich nicht viel anfangen kann.“

Dann scheint der Bann gebrochen, mehr und mehr Schüler geben ihre Arbeiten ab und packen ihre Sachen zusammen. „Bei Deutsch ist es immer schwer einzuschätzen, wie das Ergebnis ausfallen wird“, sagt Sarah Stemmer (18). Da sie aber den Werkvergleich zwischen Georg Büchner, Max Frisch und Peter Stamm gewählt habe, hätte sie sich gut vorbereiten können. Auch Nele Kippelt (18) wählte diese Taktik und lenkt nun ihre Aufmerksamkeit auf die restlichen Prüfungen. Robert Steinhoff (17) hingegen hat „schon im Unterricht gemerkt, dass es mit dem Werkvergleich nichts wird, obwohl man sich darauf am besten vorbereiten konnte. Ich habe deshalb die Kurzprosa von Kurt Tucholsky gewählt“, sagt er, und fügt an: „Mathe und Physik fällt mir leichter, ich will später sowieso Mathe studieren.“

Sein Kollege Lucas Kern (17) wollte sich keinesfalls auf „sechs Stunden Textreproduktion“ einlassen, sondern lieber selbst formulieren. Deshalb habe er sich für das Essay zum Thema Mensch und Maschine entschieden und „die unterschiedlichen Gefühle eines Menschen gegenüber Maschinen beschrieben, mit Ausblick auf die Zukunft“.

3388 Abiturienten sind in Stuttgart in diesem Jahr zur Reifeprüfung angemeldet, 2528 von ihnen an allgemeinbildenden Gymnasien. Für sie sind die Kernfächer Deutsch, Mathematik, eine Fremdsprache und ein individuell gewähltes Kernfach verbindlich.

Eine Verschnaufpause zwischen den einzelnen Fächern gibt es nicht; gleich heute geht es mit Mathematik weiter. Von 8.30 Uhr bis 12.30 Uhr haben die Abiturienten dafür Zeit. Am Freitag folgt die schriftliche Prüfung in Französisch, in der kommenden Woche in Englisch und weiteren Kernfächern, gefolgt von Latein, romanischen Sprachen, Russisch, Chinesisch und Griechisch.

Zu der Schar der Prüflinge gehören auch 872 Privatschüler sowie 860 Abiturienten, die ihren Abschluss an einem Beruflichen Gymnasium machen. Auch die beruflich orientierten Gymnasiasten haben am Mittwoch mit dem Fach Deutsch begonnen, werden jedoch in einer anderen Reihenfolge geprüft: Am Donnerstag in den zweiten Fremdsprachen, dann in Englisch, vom Montag an in Beruflichen Profilfächern und erst am 13. Aprilin Mathematik.

Im Mai haben auch die Sportler ihre fachpraktische Prüfung hinter sich. Dazu werden die Prüflinge mehrerer Gymnasien an jeweils einen Ort zusammengerufen. „Das wechselt jedes Jahr“, sagt Rektor Stegmüller. Die Belegung der Schulturnhallein Weilimdorf mit Asylbewerbern im Jahr 2015 hätte daher kein Problem verursacht.

Die Abi-Zeugnisse gibt es am 30. Juni. Dann können sich die Weilimdorfer Abiturienten auf neue Pläne konzentrieren: Aufs Studium im Ausland, Work and Travel, auf Jobs und das Freiwillige Soziale Jahr.