Mit der Bio-Prüfung geht am 19. April das Abitur los – und damit auch die Nervosität bei vielen Jugendlichen. Die Psychologin Corinna Ehlert erklärt, wie man gelassener in die Prüfungen geht und warum man bei einem Blackout mit den Zehen wackeln sollte.

Familie/Bildung/Soziales: Lisa Welzhofer (wel)

Mancher Erwachsener träumt noch von seiner Abschlussprüfung. Warum diese Zeit so nervös macht und wie man ohne zu viel Angst und Herzflattern durch die Prüfungen kommt, erklärt Corinna Ehlert von der Schulpsychologischen Beratungsstelle in Stuttgart.

 

Warum sind Abschlussprüfungen so aufregend?

Das Abitur, aber auch Abschlussprüfungen an anderen Schularten, ziehen sich über mehrere Wochen und sind deshalb eine besonders aufregende Zeit, sagt Corinna Ehlert, Leiterin der schulpsychologischen Beratungsstelle in Stuttgart. Außerdem markiere der Schulabschluss das Ende einer langen, vertrauten Lebensphase und den Eintritt in einen neuen Abschnitt, in eine Ausbildung oder ein Studium. Hinzu kommt: „Wenn ich in einer Klausur mal eine schlechte Note schreibe, kann ich sie in der nächsten wieder ausgleichen. Das geht bei einer schlechten Note in der Abschlussprüfung nicht so einfach“, sagt die Psychologin. Manche Abiturienten machten sich auch Druck, weil für Studienfächer bestimmte Notendurchschnitte verlangt würden.

Was hilft gegen die Aufregung?

Zu wissen, dass man genug gelernt hat, helfe gegen Aufregung, sagt Corinna Ehlert. Wichtig sei deshalb, sich gut und rechtzeitig vorzubereiten, den Lernstoff in Blöcke einzuteilen – und sich nicht zu überfordern. Ideale Lerntage sehen so aus: „45 Minuten am Stück konzentriert lernen, dann eine kurze Pause machen.“ Nach drei solcher Blöcke sollte man länger unterbrechen, sich eine Stunde nehmen, in der man spazieren geht, etwas liest, isst, mit der Familie Zeit verbringt. Dann kann es weiter gehen.

Corinna Ehlert berät Schüler und Eltern bei Schulproblemen. Foto: privat

Wie bekommt man die Angst vor dem Scheitern weg?

Wenn Gedanken wie „Ich schaffe es nicht!“ zu mächtig werden, können gegenteilige Sätze helfen. Etwa: „Ich habe mich gut vorbereitet, ich schaffe das.“ Oder: „Ich mache es so gut ich es kann.“ Manchmal helfe es auch, schon vorher einen Plan B zu machen. „Zum Beispiel sich zu überlegen, welche alternativen Studienfächer es gibt, wenn man einen bestimmten Notendurchschnitt nicht schafft.“ Dabei könnten laut Ehlert auch die Eltern gut unterstützen.

Was tun gegen zitternde Hände?

Gegen Angst-Symptome wie Herzrasen, flache Atmung oder feuchte Hände helfen Entspannungstechniken wie Yoga, autogenes Training, progressive Muskelentspannung. Allerdings sollte man mit diesen schon vorher vertraut sein. In der Prüfung kann es bereits helfen, eine Zeit lang tief in den Bauch ein- und auszuatmen.

Gibt es ein Mittel gegen Blackout, wenn also alles Wissen plötzlich weg ist?

„Dann ist es wichtig, die Aufmerksamkeit auf etwas ganz anderes zu lenken“, sagt die Expertin. „Man kann zum Beispiel mit den Zehen wackeln und sich darauf konzentrieren. Oder ein Gummiband am Handgelenk schnipsen lassen.“ Andere Ideen zur Ablenkung: Ein so genannter „Hirn-Flickflack“. Dabei stellt man sich eine Aufgabe, etwa von hundert an in 13er-Schritten rückwärts zu rechnen oder die Balken an der Decke zu zählen. Nach einer kurzen Ablenkung, komme das Wissen oft zurück, sagt die Psychologin.

Kann ein Talisman helfen?

Gute Gedanken könnten vorher mit einem Gegenstand oder Bild verknüpft werden, erklärt Corinna Ehlert. Wenn der Satz „Ich mache es so gut ich kann“ an das Bild einer Berglandschaft, das man in die Prüfung mitnimmt oder einfach nur im Kopf hat, gekoppelt ist, hilft es, sich dieses Bild ins Gedächtnis zu rufen.

Wie viel Ablenkung zwischendurch ist gut?

Die Expertin rät zu Ablenkung, kleinen Belohnungen, Lernpausen zwischen den Prüfungen. Dazu gehöre auch, mal mit Freunden um die Häuser zu ziehen, wenn man das möchte.

Was können Eltern vor oder während des Abiturs für ihre Kinder tun?

Wenn der Sohn oder die Tochter das möchte, können Eltern beim Lernen unterstützen. Wichtig ist laut Ehlert, sich nicht aufzudrängen. Fordernde Fragen wie „Hast du auch genug gelernt?“ Oder drohende Sätze wie „Wenn du nicht mehr lernst, wird das nichts“, sind tabu, sagt Ehlert. „Eltern dürfen Interesse zeigen, aber keinen Druck oder Vorwürfe machen.“ Ohnehin sollten Eltern möglichst entspannt bleiben und ihren Kindern vermitteln, dass sie sie lieb haben, egal welcher Schnitt auf dem Abiturzeugnis steht.