Der Rockerboss Frank Hanebuth sitzt seit eineinhalb Jahren in Spanien in Untersuchungshaft. Jetzt soll ihm und 55 weiteren Beschuldigten der Prozess gemacht werden.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Madrid - Als Frank Hanebuth am 23. Juli 2013 in Lloret de Vistalegre im Inselinneren von Mallorca festgenommen wurde, sagte er: „Dies ist eine Verlängerung meines Urlaubs.“ Der Urlaub hat sich in die Länge gezogen. Der frühere Hannoveraner Hells-Angels-Chef lernte die Gefängnisse von Palma de Mallorca, Madrid und Cádiz kennen. Hinter Gittern feierte er seinen 50. Geburtstag. Er sitzt noch immer ein. Er gilt als gefährlich. Bei seiner Einweisung in die Vollzugsanstalt von Palma soll er sich mit Häftlingen geprügelt haben. Er musste einen Monat in die Einzelzelle.

 

Nun beginnt sich seine Zukunft zu klären. Es wird keine blendende sein.   Ein Richter des spanischen Nationalen Gerichtshofes in Madrid hat nach anderthalb Jahren seine Ermittlungen in Sachen Hells Angels auf Mallorca abgeschlossen. Er will 55 Beschuldigten den Prozess machen – unter ihnen Hanebuth. Die Vorwürfe lesen sich wie ein Auszug aus dem Strafgesetzbuch: Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung, Erpressung, Zwangsprostitution, Geldwäsche und so weiter.   Der Ermittlungsrichter Eloy Velasco hält die Hells Angels für „eine der wichtigsten Motorradbanden außerhalb des Gesetzes“ in Europa. Auf Mallorca sollen sie sich 2009 etabliert haben, unter türkischer Leitung, sich aber nach einer Schlägerei mit einem konkurrierenden Club 2011 wieder aufgelöst haben. Der Neustart erfolgte Ende 2012, diesmal mit Leuten aus Deutschland, zu denen Hanebuth gehört haben soll, der Hannover hinter sich lassen wollte. Allerdings kam er wohl erst zwei Monate vor seiner Festnahme im Juli 2013 auf der Ferieninsel an.   Sollte es zum Prozess kommen, müssten die Vorwürfe gegen die Hells Angels geklärt werden – und die Rolle, die der Hannoveraner dabei gespielt haben könnte. Er selbst hat stets seine Unschuld beteuert. „Wir fragen uns, was Hanebuth konkret getan haben soll“, sagte sein Anwalt der „Mallorca-Zeitung“.

Velasco beantwortet diese Frage ganz einfach: Hanebuth soll der Kopf der Bande gewesen sein.   Der Richter hält den Hells Angels vor, Bordelle betrieben zu haben, in denen Frauen gezwungen worden seien, sich zu prostituieren, und in Hundezwinger eingesperrt worden seien. Ein anderes Geschäftsfeld war mutmaßlich die Einfuhr von Kokain über südamerikanische Kuriere. Die Gewinne sollten gewaschen werden, unter anderem durch den Kauf von Hotels auf Mallorca und Ibiza. Der Ermittlungsbericht stützt sich auf Aussagen geschützter Zeugen und einer Reihe von Beschuldigten sowie auf die Ergebnisse von Hausdurchsuchungen in Palma, s’Arenal, Llucmajor und Lloret de Vistalegre. Die Staatsanwaltschaft hat zwei Wochen Zeit, um zu entscheiden, ob sie Anklage gegen die Verdächtigen erhebt.