„Wir sind bis in den letzten Winkel hinein transparent“, sagt der Stuttgarter Krankenhausbürgermeister Michael Föll nach der bundesweiten Razzia der Staatsanwaltschaft wegen des Abrechnungsskandals am Klinikum. Welche Folgen die haben wird, ist noch offen.

Stuttgart - Der Stuttgarter Krankenhausbürgermeister Michael Föll (CDU) hat erwartet, dass die Staatsanwaltschaft im Zuge des Abrechnungsskandals am Klinikum eine groß angelegte Razzia anberaumen würde. „Ich bin nicht überrascht“, sagte Föll unserer Zeitung, „wir haben immer gesehen, dass es möglicherweise einen Anfangsverdacht gibt, deswegen haben wir vollumfänglich mit der Staatsanwaltschaft kooperiert.“ Seit er für das Klinikum zuständig ist, „sind wir bis in den letzten Winkel hinein transparent“, so Föll.

 

24 Wohnungen wurden durchsucht

Am Mittwoch hatten die Stuttgarter Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt 24 Wohnungen und Geschäftsräume in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland durchsucht. Der Vorwurf lautet auf Betrug, Bestechung und Untreue. „Neun Beschuldigte stehen im Verdacht, als Dienstleister für die Vermittlung und Begleitung einer Kooperation des Klinikums mit einem Krankenhaus im Ausland nicht erbrachte Leistungen abgerechnet und sich dadurch unzulässige Provisionen verschafft zu haben“, teilte die Behörde mit.

Fünf der Beschuldigten sollen „Zahlungen an mindestens einen ehemaligen Mitarbeiter des Klinikums geleistet und private zinslose Darlehen gewährt haben“. Weitere neun Personen stehen laut Staatsanwaltschaft im Verdacht, die fingierten Rechnungen abgezeichnet zu haben. Geschädigte sind laut Staatsanwaltschaft das Klinikum Stuttgart und die Rechnungsempfänger für ausländische Patienten, die vor allem aus Libyen, Kuwait, Saudi-Arabien, Oman und den Vereinigten Arabischen Emiraten kamen.

Der frühere Abteilungsleiter der International Unit des Klinikums (IU), Andreas Braun, wurde im Zuge des Abrechnungsskandals entlassen. Auch der ehemalige Klinikumschef Ralf-Michael Schmitz ist nicht mehr im Amt. Ihm gewährte die Stadt aber eine Abfindung von 900 000 Euro. Krankenhausbürgermeister Föll will nun prüfen, „ob in diesem Fall arglistige Täuschung vorliegt“. Dann könnte die Aufhebungsvereinbarung gekündigt werden.

Die International Unit wurde von 2005 bis 2016 als sogenanntes Profitcenter des Klinikums geführt. In Verträgen mit Kuwait und Libyen hatte sich das Klinikum unter anderem verpflichtet, Kriegsversehrte zu behandeln. Die Geschäfte waren finanziell einträglich: Von 2010 bis 2015 betrug der Deckungsbeitrag 30 Millionen Euro. Angesichts dieser Umstände sagte ein Arbeitsrichter am Ende des Prozesses gegen den IU-Abteilungsleiter Braun, dass „die Stadt nicht so genau hingeschaut habe, welche unseriösen Geschäftspraktiken den Gewinnen zugrunde lagen“. Das sieht der heutige Krankenhausbürgermeister ähnlich. Der gesamte Fall erinnere ihn bisweilen an einen Mafiafilm, sagte Föll.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit 2016. Durchsuchungen fanden unter anderem Räume in den Kreisen Ludwigsburg, Heilbronn, Göppingen und Rems-Murr sowie in Stuttgart und Baden-Baden statt. Im Einsatz waren 15 Staatsanwälte, 70 Steuerfahnder und rund 90 Polizisten. Das Klinikum selbst war von der Razzia am nicht betroffen. Ebenso wenig die Stadtverwaltung.