Beim Stettener Sängerheim wird zumindest die einst schwarz gebaute Pergola sehr wahrscheinlich abgerissen. Foto: Gottfried Stoppel
Im Technischen Ausschuss hat Kernens Verwaltung zwei Varianten vorgelegt, wie es mit den maroden Bauten oberhalb der Yburg in Stetten weitergehen könnte. Dabei gibt es eine Tendenz. Das beliebte Ausflugsziel steht seit Jahren leer.
Harald Beck
18.10.2024 - 16:57 Uhr
Seit gut vier Jahren steht das einstige Sängerheim oberhalb von Stetten leer. Der Gesangverein Frohsinn hatte den Erbbaupachtvertrag für das markante Gebäude an aussichtsreicher Stelle nicht verlängert. Das Gebäude ging deshalb samt Grundstück an die Gemeinde Kernen zurück. Seit November 2020 ist auch der Weinbergtreff geschlossen, in dem die Wanderer und Sängerheimbesucher zuvor von Markus Knauer mit Kulinarischem versorgt worden waren. Die Zukunft des Ausflugsziels und Startpunkts vieler Touren blieb seitdem ungewiss.
Ein Schwarzbau aus den 1970er Jahren
Das Sängerheim samt Pergola vor sechs Jahren Foto: Patricia Sigerist
Dabei spielt das Sängerheim samt Parkplatz im Verbund von Attraktionen oberhalb von Stetten mit Yburg, Kugelbahn, Sieben Linden und dem etwas weiter im Wald versteckten Klettergarten als Anlaufstelle eine wesentliche Rolle. Das Hauptproblem beim Versuch, das deutlich über die Ortsgrenzen hinaus bekannte touristische Ziel am Rand des Schurwalds zu retten, benannte schon 2020 der Bauamtsleiter Peter Mauch kurz und bündig: „Der Zwischenbau, die sogenannte Pergola, ist ein geduldeter Schwarzbau aus den 1970er-Jahren.“
In der jüngsten Sitzung des Technischen Ausschusses hat nun Kernens Verwaltung zwei Varianten vorgestellt, wie es mit oder ohne das Sängerheim weitergehen könnte. Die Variante eins zur „weiteren baulichen Entwicklung des Sängerheims“ sieht die Erhaltung des Hauptbaus, also des eigentlichen Sängerheims vor, samt Sanierung der im Untergeschoss vorhandenen sanitären Anlagen. Das Erdgeschoss und das Obergeschoss des Hauses würden dabei zumindest vorerst nicht saniert und könnten als Lagerfläche genutzt werden. Dazu kommt die Aufwertung des Außenbereichs für einen Foodtruck. Die Kosten bei dieser Variante werden mit 138 000 Euro für den Abbruch der Pergola samt Sanierung der Sanitäranlage in Bauabschnitt eins sowie weiteren maximal 274 000 Euro für die nachfolgende Gestaltung der Außenanlagen angegeben.
Variante zwei: Modulbauten ersetzten das alte Sängerheim
Der Hauptbau (links) soll möglicherweise erhalten bleiben. Foto: Patricia Sigerist
In Variante zwei kommt ergänzend zum in der ersten Variante vorgesehenen Abriss der Pergola auch der „Rückbau“ des eigentlichen Sängerheims. Vorgesehen ist stattdessen die Errichtung fester Modulbauten für einen Kiosk samt Lagermöglichkeiten. Kostenschätzung hier: Etwa 377 000 Euro für den Abbruch von Pergola und Sängerheim, den Modulbau und sanitäre Anlagen sowie ebenfalls bis zu 274 000 Euro für die Gestaltung der Außenanlagen. Den Auftrag, für eine der Varianten die entsprechenden Gelder im Haushalt 2025 einzustellen, hat der Ausschuss noch nicht erteilt. Dies wird voraussichtlich in der kommenden Woche der Gemeinderat tun.
Im Technischen Ausschuss, so berichtet Pressesprecher Sascha Baumann, seien die beiden Varianten kontrovers, aber sehr sachlich diskutiert worden. Erkennbar war dabei offenbar ein Trend zu einer etwas abgespeckten dritten Variante, die ebenso wie Variante Nummer eins die Erhaltung des markanten Sängerheim-Hauptbaus vorsehen würde, allerdings zumindest vorläufig ohne Sanierung der Sanitäranlagen.
Noch vor der Übernahme der Bauten hatte die Verwaltung zur Abklärung der baurechtlichen Entwicklungsmöglichkeiten bei der Baurechtsbehörde eine Bauvoranfrage eingereicht. Deren Zielsetzung war es, die potenziellen gastronomischen Nutzungsmöglichkeiten an diesem besonderen Ort abzuklären. Die Planung sah vor, die Pergola abzubrechen und durch einen Flachdachanbau in Massivbauweise zu ersetzen. Die Bauvoranfrage wurde von der Baurechtsbehörde positiv beschieden.
Per Foodtruck wurde die Bewirtung gewährleistet
Während der Sommermonate der Jahre 2021 bis 2024 gab es dann eine Bewirtschaftung des Standortes durch unterschiedliche Betreiber mittels Foodtrucks. Die Gemeinde stellte hierzu provisorisch sanitäre Anlagen bereit. Sofern im Gemeinderat die Entscheidung für Variante eins fällt, könnten bis zur nächsten Sommersaison der Rückbau der Pergola und die Sanierung der sanitären Anlagen realisiert werden. Wenn die Entscheidung für Variante zwei fällt, ist laut Verwaltung davon auszugehen, dass im kommenden Jahr die Abbruch- und Neubaumaßnahmen umgesetzt werden und ein gastronomischer Betrieb erst ab 2026 möglich ist.
Das Waldheim am Stettener Kammerforst
Turnerdomizil Die Freie Turnerschaft Stetten hat 1927 die alte Turnhalle des Arbeiterturnvereins Esslingen-Mettingen gekauft und in Eigenregie am Sportplatz beim Kammerforst wieder aufgebaut. So steht es in der Festschrift zum 100-Jahr-Jubiläum des Männergesangvereins Frohsinn Stetten von 1999. Bis 1933 diente das Waldheim den Turnern als Versammlungs- und Wirtschaftsraum – bis es von der SA besetzt und der Verein verboten wurde.
Notunterkunft Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Gebäude am Kammerforst für einige Jahre Notunterkunft für Geflüchtete, bis es dann 1948 im Zug der Wiedergutmachung an die Gemeinde Stetten ging.
Sängerheim Viele ehemalige „Freie Turner“ traten Anfang der 1950er Jahre in den Männergesangverein Frohsinn ein und sorgten mit dafür, dass dieser 1956 das einstige Waldheim der Turner erwerben konnte. Der Ausbau der als Schwarzbau geltenden Pergola wird auf das Jahr 1966 datiert. 1978 erfolgten „Anbau und Modernisierung“.