Die EU hat mobiles Telefonieren und Surfen im Ausland billiger gemacht. Das gilt aber nicht unbegrenzt. Was es in Urlaubsländern zu beachten gilt, erklären Verbraucherschützer.

Stuttgart - Ab Sommer sollen Reisende ohne Zusatzkosten im EU-Ausland mobil telefonieren und im Internet surfen können. Dafür billigte das EU-Parlament am Donnerstag in Straßburg offiziell einen Kompromiss mit den Mitgliedstaaten über Roaming-Großhandelspreise. Das sind die Preise, die der heimische Betreiber dem Auslandsanbieter dafür zahlt, dass sein Kunde zeitweise dessen Netz nutzt. Wir haben Antworten zu den wesentlichen Fragen.

 
Was hat es mit der Entscheidung des EU-Parlaments über Roaming-Gebühren auf sich?
Ab Sommer können Reisende ohne Zusatzkosten im europäischen Ausland mobil telefonieren und im Internet surfen. Das EU-Parlament billigte am Donnerstag in Straßburg einen Kompromiss mit den Mitgliedstaaten über Roaming-Großhandelspreise, ein letzes Puzzleteil zur Abschaffung der Roaming-Gebühren. Das sind die Preise, die der heimische Betreiber dem Auslandsanbieter dafür zahlt, dass sein Kunde zeitweise dessen Netz nutzt. Dafür etabliert die EU nun Obergrenzen von 3,2 Cent pro Minute für Anrufe und 1 Cent für SMS. Für das Datenvolumen sinken die Obergrenzen schrittweise von zunächst 7,70 Euro pro Gigabyte auf schließlich 2,50 Euro pro Gigabyte ab dem 1. Januar 2022. Diese Kostendeckel liegen nach EU-Angaben um etwa 90 Prozent unter den aktuellen Begrenzungen. Die neuen Regeln sollen ab 15. Juni für die 28 EU-Staaten sowie für Island, Norwegen und Liechtenstein gelten. Die Mitgliedsländer müssen noch offiziell zustimmen.
Bedeutet diese Regelung auch, dass man unbegrenzt telefonieren oder surfen kann?
Ja und Nein. Tatsächlich wird der reine Telefonanruf deutlich günstiger. Bei der Internetnutzung per Smartphone oder Tablet müssen Verbraucher weiterhin aufpassen, warnen Verbraucherschützer. Denn es gibt noch immer eine sogenannte „Fair Use“-Klausel. Diese besagt: Die Befreiung von Roaming-Gebühren gilt nur für eine „angemessene Nutzung“ des Handys im Ausland. „Die ‚Fair Use’-Klausel stellt eine Obergrenze für die kostenfreie Nutzung im EU-Ausland dar“, sagt Dunja Richter von der Verbraucherzentrale (VZ) Baden-Württemberg. Und diese wird von den Mobilfunkanbietern definiert. „Das bedeutet, dass die Anbieter den Verbrauchern weiterhin Roamingaufschläge in Rechnung stellen können, sofern die Obergrenze überschritten wird.“ Mit dieser Regelung soll etwa ein dauerhaftes Nutzen von Billigangeboten aus Ländern wie Malta oder Bulgarien im Heimatland verhindert werden.
Muss nun beim Abschluss eines Mobilfunkvertrags mit höheren Tarifen gerechnet werden?
An eine Änderung der Mobilfunktarife glauben die Verbraucherschützer nicht. So sagt etwa Dunja Richter von der VZ Baden-Württemberg: „Es würde gerade dem Gedanken der Abschaffung der Roaminggebühren widersprechen, wenn die Anbieter die Kosten dieser Abschaffung wieder durch eine indirekte Preiserhöhung bei den Mobilfunkverträgen auf den Endverbraucher abwälzen würden.“ Worauf aber Nutzer bei Abschluss eines Mobilfunkvertrags in jedem Fall achten sollten ist, ob bei diesem Tarif damit geworben wird, dass EU-Roaminggebühren mit eingeschlossen sind, sagt Dunja Richter. „Denn damit kommen quasi durch Zusatzleistungen im Tarif die ursprünglichen Roamingaufschläge wieder durch indirekte Preiserhöhungen beim Endnutzer an.“ Daher sollten vor allem Verbraucher, die nicht oder nur selten im Ausland sind, genau prüfen, was Vertragsinhalt ist und ob bestimmte Zusatzleistungen im Tarif wirklich sinnvoll sind. Ebenfalls wichtig ist, dass im Vertrag steht, welche Surfobergrenze vom Anbieter festgelegt wird.
Gibt es weitere Ausnahmen und Schlupflöcher, auf die Nutzer achten sollten?
Grundsätzlich ist es ratsam, vor jeder Urlaubsreise erst einmal den Mobilfunkvertrag auf Auslandsregelungen zu überprüfen, sagt Anneke Voss von der Verbraucherzentrale Hamburg. Und zwar nicht nur um festzustellen, ob und wie viel Surfvolumen der Anbieter im Ausland kostenfrei zur Verfügung stellt. „Denn je nach Vertrag können im Urlaubsland – selbst wenn es sich innerhalb der EU befindet – unterschiedliche Kosten anfallen.“ Etwa wenn im Kleingedruckten steht, dass das Verschicken von SMS aus Spanien oder Frankreich grundsätzlich 19 Cent kostet. „Dann gilt auch hier, was im Vertrag steht und nicht die EU-Roaminggrenze von einem Cent“, so Voss. Zudem gibt es inzwischen Mobilfunkverträge, die das Telefonieren und Chatten im Ausland per Smartphone von vorneherein ausschließen. „Auch so etwas sollte man im Vorfeld rechtzeitig klären.“
Was sollten Urlauber auf Kreuzfahrtschiffen und in Flugzeugen beachten?
Die bordeigenen Mobilfunknetze sind nicht an EU-Obergrenzen gebunden, warnt die Verbraucherschützerin Anneke Voss. „Wer sich also auf einer Fähre zwischen Italien und Griechenland befindet, darf nicht davon ausgehen, dass er durch die neue EU-Regelung vor Roaminggebühren geschützt ist“, sagt Voss. Sonst droht eine teure Überraschung: Denn für die Satellitenverbindung anfallenden Verbindungskosten sind im Vergleich zu den gewohnten Kosten an Land deutlich höher. Weshalb auch hier geraten ist, sich vor der Reise beim Anbieter genau zu erkundigen, welche Kosten anfallen können und ob eine Informations- und Fürsorgepflicht aus dem Vertragsverhältnis besteht, die den Nutzer rechtzeitig warnt, falls unerwartet hohe Kosten anfallen.
Was gilt bei Reisen in Nicht-EU-Länder?
Auch hier gilt: Erst Vertrag prüfen, dann verreisen. „Man sollte sich im Klaren sein, dass die EU-Regelungen für Länder außerhalb der EU nicht gelten“, sagt Anneke Voss. In manchen Fällen ist es günstiger, statt des Heimattarifs eine SIM-Karte aus dem Reiseland zu verwenden. Voraussetzung hierfür aber ist: „Man kann die entsprechenden Verträge in fremder Sprache lesen und kennt sein eigenes Nutzungsverhalten.“