Eine grüne Politikerin aus Nordrhein-Westfalen befürwortet die Abschaffung von Knecht Ruprecht, dem Begleiter des gutherzigen Nikolaus. Kindern solle nicht gedroht werden, sagt die Abgeordnete Josefine Paul.

Stuttgart - Von drauß’, vom Walde komm’ ich her; ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!“ So beginnt eines der schönsten deutschen Adventsgedichte, das Theodor Storm (1817-1888)über Knecht Ruprecht verfasst hat, den Begleiter des heiligen und gutherzigen Nikolaus. Später im Text geht es dann um die Geschenke für die guten Kinder, aber auch um die Drohung an die Adresse der bösen Kinder: „Hast denn die Rute auch bei dir?“, wird der Knecht Ruprecht vom Christkind gefragt, und der antwortet: „Die Rute, die ist hier: Doch für die Kinder nur, die schlechten, die trifft sie auf den Teil, den rechten.“

 

Ein bißchen Angst oder zumindest Bedenken haben wohl viele Kinder, wenn heutzutage beim Nikolausbesuch in den Kindergärten oder Familien auch die Rute dabei ist. Mit dieser Tradition des Knecht Ruprechts müsse endlich Schluss sein, fordert Josefine Paul, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Düsseldorfer Landtag und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik. „Knecht Ruprecht ist nicht mehr zeitgemäß. Er passt nicht mehr in das heutige Bild der Kindererziehung“, sagte Paul der „Rheinischen Post“. Kinder sollten am Nikolaustag keine Angst haben, denn der habe eine schöne Tradition, auf die man sich freuen sollte. „Kindern sollte man grundsätzlich nie drohen. Darunter fällt auch die Drohung mit Knecht Ruprecht (Wenn du nicht artig warst …), die man nicht aussprechen sollte“, erläuterte Paul, die sich auch im Kinderschutzbund engagiert.

Kinder brauchen Nächstenliebe und keinen Druck, sagt die Politikerin

Kinder dürften auch mal frech sein und sich ausprobieren, meint die Grünen-Politikerin aus Münster. Sie bräuchten Nächstenliebe und keinen Druck. Kinder hätten ein Grundrecht auf gewaltfreie Erziehung, und dazu zähle auch der Verzicht auf psychische Gewalt. Traditionen seien etwas Schönes und Verbindendes, betont sie. „Vielleicht kann Knecht Ruprecht auch besser beim Tragen der Süßigkeiten helfen, anstatt mit der Rute zu drohen“, so Josefine Paul. Der Brauchtumsforscher und katholische Theologe Manfred Becker-Huberti sieht es ähnlich: „Ich plädiere dafür, Knecht Ruprecht zu Hause zu lassen. Denn nicht das Böse, sondern das Gute soll am Nikolaustag im Vordergrund stehen“, sagt Becker-Huberti, der ein Buch über den Heiligen Nikolaus geschrieben hat. Knecht Ruprecht soll unartige Kinder bestrafen und sie zu Frömmigkeit und Fleiß ermahnen. Er hat eine Rute im Gepäck, mit der er austeilt, wenn die Kinder sich nicht benommen haben, besagt die Legende. Der Knecht führt den Höllenfürst in seinem Namen. „Precht ist die alte Bezeichnung für Teufel“, sagt Becker-Huberti. Und der Sack, den er trägt und in den die unartigen Kinder gesteckt werden, symbolisiere den Höllenschlund sowie den kinderfressenden schwarzen Mann.

Bei Erziehungsexperten in Baden-Württemberg rennt die Grüne aus Düsseldorf allerdings offene Türen ein: „Bei unseren Nikolausfeiern tritt nur der Bischof Nikolaus mit Stab und seiner Mütze, der Mitra, auf“, sagt Ursula Vaas-Hochradl vom Landesverband der Katholischen Kindertagesstätten in Stuttgart. Sollte es irgendwo noch einen Knecht Ruprecht geben, dann dürfe der allenfalls den Sack tragen. „Die Zeiten der Schwarzen Pädagogik, wo man gute Kinder belohnte und böse bestrafte, die sind doch längst vorbei.“ Man betreibe keine Angstmacherei mehr. Inwieweit in Privathaushalten ein Weihnachtsmann zur Nikolausfeier erscheine und eine Rute im Sack mitführe, das entziehe sich ihrer Kenntnis, sagt Vaas-Hochradl.