Adem Y. gehörte zur sogenannten „Sauerland-Gruppe“, die deutschen Behörden haben ihn in die Türkei abgeschoben. Die US-Regierung ist empört, sie hatte die Auslieferung beantragt. Nun wirft sie der Bundesregierung vor, diese habe Adem Y. vorsätzlich entkommen lassen.

Washington - Die Abschiebung des islamistischen Terroristen Adem Y. in die Türkei trotz eines Auslieferungsantrags der USA hat heftige Kritik der US-Regierung an der Bundesregierung ausgelöst. „Wir sind zutiefst enttäuscht über die Entscheidung Deutschlands“, teilte der amtierende US-Justizminister Matthew Whitaker am Donnerstag mit. „Die deutsche Regierung hat Y. vorsätzlich geholfen, sich der Gerechtigkeit zu entziehen, indem sie ihn in ein Flugzeug in die Türkei gesetzt hat.“ Adem Y. war am Dienstag nach Verbüßung einer elfjährigen Freiheitsstrafe in die Türkei abgeschoben worden.

 

Als Mitglied der sogenannten „Sauerland-Gruppe“ war der 40-Jährige Teil einer Terrorzelle, die mehrere Sprengstoffanschläge vorbereitete. Er war 2007 in Medebach im Sauerland festgenommen worden. Seine Freiheitsstrafe, zu der ihn das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf verurteilt hatte, hatte Y. bereits im Oktober 2018 vollständig verbüßt. Bereits vor diesem Termin betrieben die USA wegen eigener Ermittlungen ein Auslieferungsverfahren. Das OLG Frankfurt lehnte eine Auslieferung an die USA aber ab.

Vertragliche Verpflichtungen missachtet

Die USA beschuldigen Y., an der Ermordung amerikanischer Staatsbürger in Afghanistan beteiligt gewesen zu sein. Der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, warf den deutschen Behörden vor, „gegen die Bestimmungen und den Geist unseres Auslieferungsabkommens“ verstoßen zu haben. Whitaker kritisierte mit Blick auf Adem Y.: „Die deutsche Regierung hat sich geweigert, jegliche Verantwortung für seine Nichtauslieferung an die Vereinigten Staaten zu übernehmen, hat ihre vertraglichen Verpflichtungen missachtet und die Rechtsstaatlichkeit untergraben.“

Die Staatsanwaltschaft in New York hatte im Mai 2015 Anklage gegen Adem Y. erhoben, die bis Dienstag der Geheimhaltung unterlag und erst seitdem öffentlich ist. Die US-Justiz wirft Adem Y. darin vor, an einem Selbstmordanschlag beteiligt gewesen zu sein, bei dem am 3. März 2008 in der ostafghanischen Provinz Chost zwei US-Soldaten getötet und elf weitere verletzt wurden. Der Anklageschrift zufolge soll er außerdem im Jahr 2006 im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet an Angriffen gegen US-Truppen beteiligt gewesen sein.

Adem Y. soll nach Darstellung der US-Justiz im Jahr 2006 aus Deutschland in die Region gereist sein, um sich dort in einem islamistischen Trainingscamp ausbilden zu lassen. Der UN-Sicherheitsrat führt Adem Y. wegen dessen Verbindungen zur Islamischen Dschihad-Union (IJU) seit 2008 auf der Terrorliste. Demnach soll Adem Y. auch Menschen für die IJU rekrutiert haben.