Nach dem desolaten Abschneiden der SPD bei der Landtagswahl forderten einige Genossen den Rücktritt von Landeschef Schmid. Nun beschloss die SPD-Spitze auf seinen Vorschlag hin, die Vorstandswahlen vorzuziehen. Damit dürften auch Schmids Tage gezählt sein.

Stuttgart - Zur Vereidigung der neuen grün-schwarzen Landesregierung hatten sich die Sozialdemokraten eine außergewöhnliche Aktion ausgedacht. Sie trugen am Donnerstag einen symbolischen Sarg vor das Parlamentsgebäude in Stuttgart. Die Genossen um Landeschef Nils Schmid und Fraktionsschef Andreas Stoch beerdigten symbolisch die „Vielfalt“ im Land. Die Aktion richtete sich gegen die neue Regierung, die zum Beispiel das einst auf Drängen der SPD eingeführte Integrationsministerium abschaffte. Eine Beobachterin spöttelte daraufhin, dass das Sarg-Bild ja wohl auch für eine andere Symbolik tauge: den Niedergang der SPD.

 

Die Landtagswahl vor zwei Monaten sitzt der Partei noch schwer in den Knochen. Die SPD, einst Juniorpartner von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), stürzte damals auf desolate 12,7 Prozent ab. Seit Wochen diskutieren die Genossen über Wege aus der tiefen Krise. Nach wie vor ist offen, was aus ihrem früheren Spitzenkandidaten und Noch-Landeschef Schmid wird.

Einige in der Partei hatten seinen Rücktritt gefordert, doch danach sieht es weiterhin nicht aus. Am Freitag beschloss der Landesvorstand aber auf Schmids Vorschlag hin, die eigentlich erst 2017 vorgesehenen Vorstandswahlen auf Herbst dieses Jahres vorzuziehen. Die Parteibasis erwarte dies, hieß es.

Schmids Generalsekretärin Katja Mast kündigte an, dann nicht noch einmal antreten zu wollen. Und was ist mit Schmid? Diese Frage drängt sich geradezu auf, aber der 42-Jährige legt sich noch nicht fest. In einer Pressemitteilung vom Freitag wird der Landeschef nur mit den dünnen Worten zitiert, dass Personalfragen, die „weiter in die Zukunft“ reichten, am Schluss der SPD-Erneuerung stünden. „Dieser verabredete Prozess macht Sinn, und daran halte ich mich“, sagte er. Damit hält sich Schmid offenkundig noch alle Optionen offen. Sondiert er, ob er doch noch Chancen hat, als Parteichef wiedergewählt zu werden?

Als aussichtsreichste Kandidatin gilt Leni Breymaier

Zwar gibt es niemanden, der offen bekundet, Schmid Konkurrenz machen zu wollen. Doch mögliche Bewerber halten sich wohl nur deshalb noch zurück, weil die inhaltliche Aufarbeitung der Landtagswahl nicht von Personaldiskussionen überlagert werden soll. Intern machen sich die Parteifunktionäre schon lange ihre Gedanken.

Als aussichtsreichste Kandidatin gilt die Verdi-Vorsitzende und Vize-Parteichefin Leni Breymaier. Ihr wird die Fähigkeit zugeschrieben, die unter Schmid viel vermisste Emotionalität wieder in die Partei zu bringen. Unvergessen sind etwa ihre Worte zu den schlechten Umfrageergebnissen der SPD im Januar, als es auf einem Parteitag freimütig aus ihr herausbrach: „15 Prozent in Umfragen sind einfach scheiße.“

Der frühere Kultusminister Andreas Stoch hat als neuer Fraktionschef der SPD im Landtag eigentlich genug um die Ohren, obwohl einige Genossen ihn auch gerne als Parteichef sähen. So sagte der scheidende Innenminister Reinhold Gall Anfang Mai im Interview mit dem „Mannheimer Morgen“ und der „Heilbronner Stimme“, die SPD solle künftig von einer „prägnanten Persönlichkeit“ geführt werden. „Ja, das könnte Andreas Stoch sein.“

Ob Vize-Parteichef Peter Friedrich die nötige Mehrheit zur Wahl des Vorsitzenden hinter sich versammeln könnte, ist umstritten. Auch der Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup wird als möglicher Aspirant auf den Chefsessel genannt - er käme aber wohl nur für einen Stellvertreterposten infrage. Das Rennen um den Parteivorsitz dürfte jedenfalls jetzt eröffnet sein.