Die Intendanz von Eva Hosemann am Theater Rampe ist zu Ende gegangen. Mit einem witzig-warmherzigen Fest verabschiedeten sich die Intendantin und ihr Publikum voneinander.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - E

 

va Hosemanns Karriere an der Rampe hätte ganz schnell wieder enden können. Wenige Monate nach ihrem Amtsantritt wollten einige Vertreter der CDU kurzerhand schließen, weil in einer Vorstellung Nackte auf der Bühne standen – „ohne jeden Grund“, wie die Herrschaften überzeugt waren. Die Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann holte zu einem rhetorischen Gegenschlag aus und fragte die Parteikollegen, ob die Förderung oder Schließung eines Theater abhängig sei von der Anzahl der Nackten? Mit Erfolg. „Das hat Eva Hosemann und mich von Anfang an zusammengeschweißt“, erzählte Eisenmann zum Abschied der Intendantin. Denn die Rampe wurde nicht geschlossen – und Hosemann leitete das Theater am Zahnradbahnhof stolze 15 Jahre lang.

Am Wochenende hieß es nun Adieu sagen für Hosemann und ihre „Rampinisten“. Mit einem herzlichen Abend haben sich die Theaterleute von der Stadt verabschiedet und die Stadt von Hosemann, die künftig wieder als freie Regisseurin arbeiten will. Die künstlerischen Beiträge und die Reden ließen keinen Zweifel, dass diese 15 Jahre erfolgreich waren und die Rampe „unheimlich wertvoll für den Kulturstandort Stuttgart“ gewesen sei, wie Susanne Eisenmann meinte. Brigitte Lösch, die Vizepräsidenten des Landtags, hatte keine brillante Rede vorbereitet, sondern erzählte frei von der Leber weg, wie sie zum Fan der Rampe wurde, die „nie belehrend moralinsauer“ gewesen sei. Klare Worte auch von ihr für die Chefin: „Ich schätze Hosemann privat wie als Intendantin über alles.“

Natürlich war die Kritik nicht immer begeistert von dem, was in der Rampe zu sehen war. Der Dramaturg André Becker hat sich durch die Theaterkritiken der vergangenen 15 Jahre gewühlt und den höchst bissigen Text „Heulen eins bis sechs“ daraus erstellt. „Das ist nicht eben der knackigste Apfel der Erkenntnis“, hieß es da, oder „Der Mime muss sich wohl erst warm blödeln“. Das bittere Fazit von Beckers launiger Abrechnung mit der Presse: „Kritik muss herzlos sein, sonst ist sie hirnlos“.

Erfrischendes zum Abschied

Dennoch gab sich Hosemann zu ihrem Abschied versöhnlich – und dankte dem Publikum mit einem erfrischenden Programm. Sogar Helen Schneider war mit dabei, um Hosemann ein letztes Lied zu singen – sie hatte in der Rampe mit Jo Ambros und Mini Schulz ein Musikprojekt entwickelt – „eine große Herausforderung meines Lebens habe ich hier gehabt“, so Schneider. Videos in Zeitraffer führten vor, wie auf und hinter der Bühne gearbeitet wurde oder wie die Rampe im Alten Schloss Einzug hielt für die Baustellen-Bespielung „Achtung! Es lebt!“. Michael Wolf, der mit seiner Theater-AG des Mörike-Gymnasiums an der Rampe auftrat, beschrieb witzig einen typischen Tag an dem Theater: „Die Intendantin raucht“ oder erntet in dem Hof hinterm Zahnradbahnhof ihre Tomaten.

Auch der Zahnradbahnhof wurde gewürdigt – wobei die Zacke ausnahmsweise draußen bleiben musste und die SSB in der Halle mit einem großzügigen Buffet aufwartete. Denn auch für den Hausherrn scheint es eine gute Zeit gewesen zu sein und eine „ungewöhnliche Symbiose und große Erfolgsgeschichte“, wie es der technische Vorstand der SSB, Wolfgang Arnold sagte. Die Rampe sei die „dritte Liegenschaft“, die man für die Kultur zur Verfügung gestellt habe – neben dem Theater der Altstadt und dem Depot. Das, erzählte Arnold, habe der SSB viel Spott eingebracht, die Kollegen anderer Städte hätten gern gelästert: „Die SSB ist das einzige Theater, das sich auch eine Straßenbahn leistet.“

So dankte Hosemann freilich auch der SSB in ihrer „gescheiterten Dankesrede“, bei der sie nur konstatieren könne, dass sie nicht all jenen danken könne, die es verdient hätten – den vielen Schauspielern und Autoren, den Spendern und Praktikanten, den Wohnzimmerbesitzern, bei denen die Rampe spielen durfte. Und auch ihrem Geschäftsführer Christian Burmeister dankte sie, weil er sie immer wieder überrascht habe mit dem Satz „Ich hab da schon noch ein paar Euros versteckt.“

Sie habe immer viel Unterstützung und Hilfe erfahren, „alle glaubten sie an uns“, so Hosemann am Ende dieses Abends, der so viel warmherziger war als kürzlich der Abschied des Schauspielintendanten Hasko Weber – was nicht nur am Wetter lag, bei Weber ertrank die Stadt im Regen, in der Rampe herrschten dagegen tropische Temperaturen. Denn eine Klimaanlage gibt es immer noch nicht – und werden die neuen Intendantinnen Marie Bues und Martina Grohmann sobald auch nicht bekommen. Dafür überreichte ihnen Hosemann symbolisch den Schlüssel, so wie sie selbst ihn vor 15 Jahren von Regula Gerber erhalten hatte. Gute Ratschläge wolle sie ihren Nachfolgerinnen nicht geben, nur eine Bitte habe sie: „Benutzt die Rampe nicht, braucht sie und gebraucht sie“.