Fast ein halbes Jahrhundert stand Wolfgang Bagin in Diensten des Landratsamts. Nun ist er Teilzeit-Rentner.

Böblingen/Weil im Schönbuch - Abschied in Corona-Zeiten – das bedeutet: fast keiner bekommt es mit. Wenn fast alle im Homeoffice arbeiten und offizielle Termine abgesagt sind, fällt es zunächst kaum auf, wenn einer plötzlich fehlt. So auch bei Wolfgang Bagin, dem obersten Müllscheriff im Kreis Böblingen. Statt der geplanten großen Abschiedsfete im Landratsamt gab es einen Hausbesuch vom Landrat in Weil im Schönbuch. „Wir standen auf der Terrasse, der Landrat in einer Ecke, ich in der anderen“, beschreibt der Ex-Werkleiter des Abfallwirtschaftsbetriebs die Zeremonie.

 

47 Jahre im Landratsamt

Doch wenn irgendwann einmal wieder der Normalbetrieb läuft, dann wird so mancher Kollege Wolfgang Bagin vermissen. Nach 47 Jahren als Mitarbeiter bei der Kreisbehörde kennt ihn fast jeder.

21 Jahre jung war Bagin, als er 1973 beim Landratsamt als Absolvent der Verwaltungsfachhochschule anheuerte – im damals neu gegründeten Umweltschutzamt. Spannend gleich in den Anfangsjahren war für ihn ein großer Umweltskandal bei der IBM in Böblingen.

Im Lauf der folgenden Jahrzehnte durchlief Bagin fast alle Bereiche der Kreisbehörde: er war Leiter des Kommunalamts, des Baurechtsamt und der Kämmerei, bevor er 1992 Chef des neu gegründeten Abfallwirtschaftsbetriebs wurde. die Planung und der Bau des Müllmeilers, der gegen den Widerstand der Bürger entstand, fällt in diese Zeit. Und die Einführung des von vielen belächelten einmaligen Böblinger Werststoffsystems, bei dem die Bürger ihre Plastikverpackungen wöchentlich persönlich zum Wertstoffhof bringen. Bagin ist von dem System überzeugt: „Es geht doch darum, die Menschen für das Thema Verpackungen und Wertstoffe zu sensibilisieren.“

Mit dem Thema Müll in die weite Welt

Das Thema Müll brachte den Mann aus Weil im Schönbuch in die weite Welt. In Singapur stellte er 2017 dem dortigen Umweltminister die innovative Vergärungsanlage mit Brennstoffzelle vor, die der Kreis in Leonberg gebaut hatte. Er war an EU-Projekten in Italien, Slowenien und Holland beteiligt und reiste mehrmals nach Tunesien, um dort eine Kommune beim Aufbau eines Wertstoffhofs zu unterstützen. Seine Arbeit bedeutete Bagin soviel, dass er seinen Ruhestand zwei Jahre aufschob. Auch jetzt, mit 67 Jahren, hört er noch nicht ganz auf. Anderthalb Tage in der Woche kümmert er sich um den Wiederaufbau der abgebrannten Biogasanlage in Leonberg. Noch mindestens zwei Jahre wird ihn das beschäftigen. Das Thema Müll lässt ihn nicht los.