Die aktive Eltinger Kirchengemeinde wird ihr fehlen, sagt die Pfarrerin. Ihre neue Station ist auf der Alb.

Leonberg - Claudia Trauthig nimmt am Sonntag Abschied von der Kirchengemeinde Eltingen und der Michaelskirche: „Diese ist die älteste Kirche in Leonberg“, weiß die Pfarrerin, und ein Lächeln stiehlt sich auf ihre Lippen, während sie erzählt: „Unsere Stadtkirche ist, zeitlich betrachtet, ein Enkelkind von der Eltinger Kirche.“ Nein, sie hat sich von den Animositäten zwischen manchen Leonbergern und Eltingern nicht anstecken lassen, aber das Wissen um die historischen Gegebenheiten hätten ihr den Start hier erleichtert: „Ich hätte mich vorbereiten können.“

 

Dass Claudia Trauthig nach Eltingen kam, war purer Zufall. Doch sie ist am richtigen Platz gelandet: „Ich bin Generalistin“, sagt sie. Genau das also, was ein geschäftsführendes Pfarramt braucht, um die Vielzahl an Aufgaben zu bewältigen. Denn auf ihrem Schreibtisch ist alles gelandet: der Kirchenhaushalt, Personalsachen, alles, was die Gebäude betrifft, die Organisation der Schaukästen, die Veröffentlichung der Gemeindetermine, Sitzungsvorbereitungen und noch vieles andere.

„Ich möchte alles gestalterisch lösen“

Gut, dass die fünffache Mutter ein Organisationstalent ist, denn neben den Belangen ihrer Pfarrstelle binden sie zahlreiche Ehrenämter. „Ich möchte gestalten“, erklärt sie ihr mannigfaltiges Engagement, „auch alles, was verwaltet werden muss, möchte ich gestalterisch lösen.“

Ihre Berufung wurde ihr beinahe schon in die Wiege gelegt: „Ich stamme aus einer Pfarrerfamilie, die sich bis zur Reformation zurückverfolgen lässt“, verrät sie. Großvater und Vater schlugen allerdings einen anderen Weg ein und haben sich dem Journalismus zugewandt, „aber bei mir hat sich da wohl etwas in den Genen manifestiert“, sagt sie mit einem spitzbübischen Lachen.

Mit 17 Jahren kam die heute 56-jährige Pfarrerin aus der niedersächsischen Hansestadt Stade ins Schwabenland, ihr Vater hatte die Stelle als Pressesprecher des Böblinger Landkreises angenommen. „Anfangs habe ich mich hier schwergetan, ich habe auch das Schwäbische nicht gut verstanden“, erinnert sie sich. Doch das tat den guten Schulleistungen keinen Abbruch, und ein Lehrer, dem der wache Geist seiner Schülerin auffiel, machte sie auf die Möglichkeit eines Stipendiums im Evangelischen Stift in Tübingen aufmerksam. „Ich hätte mir auch ein Medizinstudium gut vorstellen können“, erzählt Trauthig, „aber dann dachte ich bei mir, wenn ich das Stipendium bekomme, dann wird es eben Theologie.“ Das Stipendium hat sie bekommen, „und schnell gemerkt, dass das passt.“

Denn die Seelsorge ist es, die ihr am Herzen liegt, und das mit allen ihren Wandlungen. „Die Kommunikation ist anders geworden, und gerade bei unseren Kernaufgaben sind deutliche Veränderungen zu spüren. Wir müssen viel mehr erklären, denn vieles ist den Menschen heute nicht mehr selbstverständlich bekannt“, findet sie. Zum Beispiel, wie ein Taufgottesdienst abgehalten wird oder wie der Ablauf bei einer Beerdigung ist. „Durch das Wegsterben der Alten findet ein Traditionsabbruch statt“, formuliert es die Pfarrerin und nennt noch ein Beispiel: „Früher wurde im Gottesdienst ein Bibeltext erwähnt, und die Menschen wussten, worum es geht. Heute muss ich erläutern, was für eine Geschichte da erzählt wird.“ Deshalb müsse eine neue Sprache für hochwertige Gottesdienste gefunden werden, und der Pfarrer müsse die Menschen behutsam, aber mit Tiefe an die biblischen Texte heranführen. Sie hält kurz Inne. „Und es ist auch unsere Aufgabe, mehr Ruhe zu den Menschen zu bringen.“

Doch ob Claudia Trauthig an ihrem neuen Wirkungsort am Fuß der Schwäbischen Alb in Zell unter Aichelberg mehr Ruhe hat? Schließlich wird sie dort zum ersten Mal in ihren 28 Dienstjahren Grundschüler unterrichten, und auch den Konfirmandenunterricht wird sie übernehmen: „Darauf freue ich mich ganz besonders“, sagt sie. Was ihr allerdings nicht fehlen wird, ist die Größe des Kirchenbezirks: „In einer kleineren Gemeinde zu sein, macht manche Dinge einfacher.“

Raum für Begegnung und Abschied

Den Wechsel hat sie sich nicht leicht gemacht, sie hat lange überlegt, ob Pfarrstelle oder Verwaltungsaufgabe. „Aber ich habe gemerkt, ich bin mit Herzblut Gemeindepfarrerin, ich würde die Basis vermissen.“ Die aktive Eltinger Kirchengemeinde wird ihr fehlen: „Ich hoffe, dass die Eltinger so eine lebensfrohe Gemeinde auf der Grundlage der Evangelien bleiben, wie sie sind,“ sagt sie. Ein Wermutstropfen bleibt: „Ich kann nicht mehr alle Gemeindemitglieder besuchen. “ Deshalb freut sie sich ein Stück weit auf den Abschiedsgottesdienst in der Michaelskirche und den anschließenden Empfang im Gemeindehaus. „Da wird Raum sein für viele Begegnungen“, sagt sie.

Was, wann, wo

Abschiedsgottesdienst: Sonntag, 31. März, 10 Uhr, Michaelskirche Eltingen.