Die „Königswochen“ von Stuttgart gehen zu Ende. Was bleibt von der intensiven Beschäftigung mit Wilhelm II.? Das Hauptstaatsarchiv und Stuttgarter Hofbräu verabschieden die Ausstellung mit einer Bierprobe und mit Königsgeschichten.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Wir wissen nun, dass Königin Charlotte ihren Wilhelm öfter aus dem ehelichen Schlafzimmer warf. Dass der letzte König von Württemberg seine Krone für eine „Dornenkrone“ hielt und seine „angeschwollene Leber“ behandeln ließ – als Biernarr war er allenfalls bei Staatsempfängen bereit, auf Wein umzusteigen. Wir wissen, dass er „nichts anbrennen“ ließ, sich seine Liebe zu einer Professorentochter nicht erfüllte und dass er seinem besten Freund Detlev von Plato Briefe voller Zuneigung schrieb, als stecke Homoerotik dahinter. Wir wissen viel Privates über ihn nach den großen Ausstellungen im Hauptstaatsarchiv und im Stadtpalais, die zum 100. Todestag seit Oktober Debatten über die Monarchie ausgelöst haben. Doch wissen wir auch, wie König Wilhelm II. wirklich war?

 

Albrecht Ernst, Kurator der Ausstellung im Hauptstaatsarchiv, der 600 Briefe von Wilhelm mit dem Gespür eines Detektivs entdeckte und sie monatelang las, spricht von einer „Ambivalenz“: Der Regent sei ein Spaßvogel gewesen, ergab die Auswertung der Korrespondenz, aber auch ein freudloser Mann voller Wehmut. Mitkuratorin Maren Volk ergänzt: Als Politiker sei Wilhelm II. eine „Integrationsfigur des Staates“ gewesen und habe als Moderator zwischen den Parteien gewirkt.

1883 erhielt Hofbräu den Titel „Königlicher Hoflieferant“

Bevor die Erinnerungsstücke der Ausstellung weggepackt werden, hat das Hauptstaatsarchiv einen exklusiven Kreis zu einer Bierprobe samt Vesper in den denkmalgeschützten Lesesaal des Ministerialarchivs eingeladen – mit der Brauerei Stuttgarter Hofbräu, die 1883 den Titel „Königlicher Hoflieferant“ erhielt. Bier war ein wichtiger Teil im Leben Wilhelms – auch in seiner Sprache. Von „Bierdorf“, „Bierehrlichkeit“ und vom „Bierzipfel“ sprach er gern.

Ist nach der langen Beschäftigung mit dem König, der im Leichenzug Stuttgart nicht mehr passieren wollte, Klarheit in die Denkmaldebatte gekommen? Sollte Wilhelm mit seinen Hunden an die Vorderseite des Stadtpalais zurückkehren? Oder wurde er zu Recht in den Hinterhof abgeschoben? „Man muss ihn nicht verstecken“, findet Albrecht Ernst. Angesichts des Umbaus vor dem Stuttgart-Museum stelle sich die Standortfrage nicht. Vorne ist nach den Plänen wohl kein Platz mehr für ihn frei. Archivdirektor Ernst teilt die Meinung seines Nachbarn nicht – Stadtpalais-Leiter Torben Giese hatte Wilhelm hinter sein Haus verbannt. „Aber die Debatte um den Standort war die beste PR fürs Stadtpalais“, sagt Ernst.

Was hat die Auswertung der DNA-Spuren gebracht?

Geschichte müsse ebenso von den Untertanen betrachtet werden, findet der Kurator. Doch leider würde es fast nur „Dokumente von oben“ geben, die, wenn man genau hinschaut, auch den Blick auf unten schärfen.

Albrecht Ernst ging gar kriminalistisch der Frage nach, ob König Wilhelm II. ein außereheliches Kind hatte, wie oft zu hören ist. DNA-Spuren an alten Liebesbriefen sollten dies klären. Doch es fanden sich keine Spuren. Der Briefschreiber – war es der König? – hatte einen Kuvertbefeuchter.

Das Geheimnis der Vaterschaft konnte nicht gelüftet werden. Voyeuristische Blicke gab’s trotzdem bei den „Königswochen“. Eines überrascht am Ende nicht: Auch ein König von Württemberg war nur ein Mensch!

Infos

Zur Finissage der Ausstellung im Hauptstaaatsarchiv geht ein von Albrecht Ernst und Maren Volk bearbeiteter Katalog in den Druck, der die in der Ausstellung aufgezeigte Sicht auf Wilhelm dauerhaft festhalten wird.