Die Südkoreanerin Hyo-Jung Kang ist eine der vielseitigsten Tänzerinnen des Stuttgarter Balletts. Mit Beginn der nächsten Saison wechselt sie ans Wiener Staatsballett.

Stadtleben/Stadtkultur/Fildern : Andrea Kachelrieß (ak)

Stuttgart - Unvergessen ist der Moment, als Hyo-Jung Kang bei einem „Blick hinter die Kulissen“ auf Wunsch des Choreografen Louis Stiens „etwas Koreanisches“ in ihre Bewegungen mixte und aus dem Nichts eine fernöstliche Zerbrechlichkeit herbeizauberte. Solche magischen Momente mit der Ersten Solistin des Stuttgarter Balletts hätte man gern häufiger erlebt. Doch nicht nur die Coronapandemie, die Kunst und Publikum auf Distanz hält, macht dem Stuttgarter Ballettfan da einen Strich durch die Rechnung, auch die Tänzerin selbst sorgt jetzt für noch mehr Abstand: Zur nächsten Spielzeit wechselt Hyo-Jung Kang ans Wiener Staatsballett.

 

Was Hyo-Jung Kang sich in Wien erhofft

Offenbar hat es auch im Zusammenspiel von Martin Schläpfer, dem neuen Ballettdirektor in Wien, und der Tänzerin einen magischen Moment gegeben. Kurz vor dem ersten Lockdown war Schläpfer in Stuttgart gewesen, um mit der Kompanie sein Ballett „Taiyō to Tsuki“ zu erarbeiten. Und Hyo-Jung Kang hat der Dialog mit dem Schweizer Choreografen offensichtlich so imponiert, dass sie ihm nun mit einer Saison Verzögerung an die Wiener Staatsoper folgt.

Hyo-Jung Kang sagt zu den Gründen für ihren Abschied: „Die Entscheidung fiel mir schwer, aber die Zeit ist nun reif dafür, dass ich mich einer neuen Herausforderung stelle. Die künstlerische Zusammenarbeit im Winter 2020 mit Martin Schläpfer war eine sehr besondere; ich freue mich nun diese zu intensivieren.“ Mit Wehmut blickt die Solistin zurück auf ihre Zeit im Schwäbischen: „Stuttgart und das Stuttgarter Ballett sind meine künstlerische Heimat. Hier bin ich aufgewachsen, habe mich als Tänzerin entwickeln und entfalten können. Ich bin unendlich dankbar für alles, was ich hier gelernt habe und für die Förderung, die ich sowohl von Reid Anderson als auch von Tamas Detrich und unseren BallettmeisterInnen erfahren habe“, sagt die in Südkorea geborene Tänzerin. Und weiter: „Bedanken möchte ich mich auch bei dem wunderbaren Stuttgarter Publikum: die Wertschätzung, die wir als Künstler hier erfahren, ist wirklich fantastisch.“

Tamas Detrich verbeugt sich vor Kangs Professionalität

Hyo-Jung Kang kam 2003 als Elevin zum Stuttgarter Ballett, 2011 wurde sie zur Ersten Solistin ernannt. Zuletzt war sie beim Noverre-Abend und in Mauro Bigonzettis neuem Beethoven-Ballett „Einssein“ zu sehen. Als eine der vielseitigsten Tänzerinnen der Kompanie hat sie die großen Rollen in Crankos Handlungsballetten im Repertoire, arbeitete auch immer wieder mit Choreografen wie Edward Clug und Douglas Lee zusammen. Intendant Tamas Detrich bedauert den Weggang Hyo-Jung Kangs, freut sich aber auch für die Tänzerin, die nun mit so einem herausragenden Choreografen wie Martin Schläpfer arbeiten könne. „Ich bin mir sicher, dass er wunderbare Stücke für ihre besonderen Talente und Fähigkeiten kreieren wird. Wir bedanken uns bei ihr von ganzem Herzen für die vielen unvergesslichen Vorstellungen sowie für ihre hohe Professionalität und Kollegialität und wünschen ihr alles Gute.“

Zur Person: Hyo-Jung Kang wurde in Seoul in Südkorea geboren. Ihre Tanzausbildung komplettierte sie von 1998 bis 2002 an der Kirov Ballettakademie in Washington und schloss sie 2003 in Stuttgart an der Cranko-Schule ab. Nach ihrem Start als Elevin 2003 beim Stuttgarter Ballett ernannte sie Reid Anderson nach ihrem Rollendebüt als Julia im April 2011 zur Ersten Solisten.