Seit Jahrzehnten fährt der VW-Käfer als Taxi über die Straßen von Mexiko-Stadt. Das Modell galt als unkaputtbar, aber jetzt ist es der Regierung zu alt und zu unsicher geworden. Ende Dezember wird das Kultauto ausgemustert. Ein Trauerfall.
Mexiko-Stadt - Der 31. Dezember. Luis García hat diesen Tag schon unzählige Male im Kopf durchgespielt. Er hat die letzte Route überlegt, wie das letzte Tanken sein wird, wer der letzte Fahrgast. Und dann der Abschied. Würdig soll er werden. So viel ist sicher.
Luis García weiß jetzt schon, dass Silvester traurig werden wird. Wenn die Sektkorken knallen, die Böller explodieren und die Mexikaner wie immer das neue Jahr laut und freudig begrüßen, muss sich der 38-Jährige von einem seiner treusten Begleiter verabschieden. García nennt ihn „Hermano Vocho“, „Bruder Volkswägelchen“.
In den vergangenen zehn Jahren hat der Taxifahrer mehr Zeit mit diesem Familienmitglied auf vier Rädern verbracht als mit Frau und Kindern. An sechs Tagen der Woche ist Luis García morgens um sieben in seinen VW Käfer gestiegen, hat den Zündschlüssel umgedreht, den Kopf etwas zur Seite gelegt und erst einmal gehorcht, ob der Boxermotor so satt und zufrieden dröhnt wie immer. Schließlich hat sein Käfer-Taxi, Baujahr 2002, schon 704 854 Kilometer auf dem Tacho.
Der Käfer soll nicht mehr zeitgemäß sein? „So ein Quatsch!“
Bis zum Jahresende werden noch unzählige dazu kommen. Denn jeden Tag ziehen García und sein Vocho etwa 300 Kilometer über die scheinbar unendlichen Straßen der zweitgrößten Stadt der Welt auf der Suche nach Passagieren, die García auf den Rücksitz seines Autos bittet und an ihr Ziel bringt. Und er wird ihnen erzählen, wie ungerecht es ist, dass die Stadtregierung sein rot-goldenes Taxi ausmustert. „Die behaupten, der Käfer sei nicht mehr zeitgemäß, was für ein Quatsch.“