Margaret Thatcher ist mit höchsten Ehren beerdigt worden. Die Abschiedszeremonie am Mittwochnachmittag in London glich einem Staatsbegräbnis. Die Gegner der „Iron Lady“ und ihres politischen Vermächtnisses verhielten sich erstaunlich ruhig.

Korrespondenten: Peter Nonnenmacher (non)

London - In London wurde am Mittwoch Margaret Hilda Thatcher zu Grabe getragen. Die Sterbeurkunde wies sie als „Staatsfrau (im Ruhestand)“ aus. Der Staat aber, dessen konservative Regierung „Mrs T“ von 1979 bis 1990 führte, ließ ihr ein Begräbnis zuteilwerden, das sie nicht nur aus dem Kreis bedeutender Politiker der Insel, sondern auch aus dem aller Premierminister seit Winston Churchill heraushob.

 

Das zeremonielle Begräbnis, das Großbritannien für die vorige Woche 87-jährig verstorbene Lady Thatcher ausrichtete, war ein spektakulärer Akt, der einem Staatsbegräbnis gleichkam. Die höchsten militärischen und kirchlichen Ehren wurden angeordnet. Von der Monarchin bis zum Lord Mayor mit dem feierlich erhobenen Schwert in den Fäusten, von all seinen Erzbischöfen über die bunt uniformierten Sargträger bis hin zu den letzten kleinen Chorknaben bot die Nation das gesamte Inventar nationaler Ehrerbietung auf.

2300 geladene Gäste in der St.-Paul’s-Kathedrale

Premierminister David Cameron, seine drei Amtsvorgänger, siebzehn Regierungschefs aus aller Welt und 2300 andere geladene Gäste fanden sich in der St.-Paul’s-Kathedrale ein. Tausende von Menschen standen im leichten Nieselregen der Straßen der City of London. Sie applaudierten ein letztes Mal, als Thatchers Sarg, unter dem Union Jack und einem Bouquet weißer Rosen, zur mächtigen Kirche im Osten Londons gezogen wurde.

Von der Tower Bridge her feuerten Truppen in einminütigem Abstand 19 Böllerschüsse in den Himmel. Bärenfellmützen aus dem Buckingham-Palast und Kriegsveteranen des Chelsea Hospital, Kapellen aller drei Waffengattungen, die Toppolitiker des Landes waren angetreten. Hymnen und patriotische Gesänge für die Feier hatte sie selbst noch ausgesucht. Ihre Enkelin Amanda und ihr „politischer Enkel“ David Cameron verlasen Psalme.

Westminsters Glockenturm musste schweigen

Die Kirchenführer würdigten ihre „Führerschaft“, ihren „Mut“, ihre „Unerschütterlichkeit“, ihren „Glauben an das, was sie für richtig hielt“. Die Glocken Big Bens verstummten für die drei Stunden des Trauerzuges und des Gottesdienstes. Das hatte der Speaker des Unterhauses, John Bercow, angeordnet. Es war das erste Mal seit Churchills Staatsbegräbnis von 1965, dass Westminsters Glockenturm vom Westministers Parlamentariern zum Schweigen gebracht wurde. Er habe es, sagte Bercow, „der Familie zuliebe“ getan.

Nicht überall fand diese Art der Ehrerbietung Beifall. Ein solches „imperiales Schauspiel“ habe kein Politiker, und schon gar nicht Englands vielfach verhasste Eiserne Lady, verdient, meinten Kritiker der Abschiedsveranstaltung. Bercows Frau Sally, eine Anhängerin der oppositionellen Labour Party, weigerte sich, an der Seite ihres Mannes an der Feier teilzunehmen. „Als ich mich das letzte Mal umgeschaut habe“, meinte sie trocken, „befand ich mich noch im 21.Jahrhundert.“

Das Erbe Thatchers werde glorifiziert, warnten Kritiker

Vielen Labour-Leuten kamen Trauerzug und Feier für die Baronin wie „ein Tory-Fest“, wie eine Provokation vor. Für die Linke gab sich noch mal das alte Insel-Establishment, die Viereinigkeit von Krone, Militär, Kirche und Konservativer Partei, ein Stelldichein. Das Ganze sei doch „nichts anderes als eine politische Propagandaübung“ der Torys, wetterte der frühere Arbeiterobmann und Labour-Vizepremier John Prescott. Noch im Tod manipuliere „Mrs T“ die Volksseele: Sie habe sich immer „ein Begräbnis gewünscht, wie die Königinmutter eines hatte“. Selbst dem in Thatchers Geburtsstadt residierenden Bischof von Grantham, Tim Elli, war es nicht ganz geheuer, dass die Steuerzahler an die zehn Millionen Pfund für die Veranstaltung aufbringen sollen. Ein so umstrittenes Erbe wie das Thatchers von Staats wegen zu „glorifizieren“ sei, als ob man „bewusst Streit suche“, warnte der Kirchenfürst.

Da zornige Thatcher-Gegner Protestkundgebungen angekündigt hatten, waren 4000 Polizisten zur Sicherung des Trauerzugs aufmarschiert. Am Ende flogen aber weder Milchflaschen noch andere Geschosse gegen Sarg und Lafette. Die Pferde im Zug waren eher nervös, weil sie mit Blumen bombardiert wurden. Ein paar Unversöhnliche kehrten dem Zug zwar demonstrativ den Rücken, andere machten fernab der Begräbnisroute ihrem Unmut Luft, entlang der Strecke war man aber entschlossen, dem Idol der Rechten aus den achtziger Jahren Reverenz zu erweisen.

Für Elizabeth II. muss es ein seltsamer Tag gewesen sein. Die Königin zeigte sich, nach ihrer jüngsten Magengrippe, in sichtlich guter Verfassung in der Kathedrale, musterte aber den Sarg mit kühlem und wachsamem Blick. Ihr Verhältnis mit der einzigen Premierministerin ihrer sechzig Dienstjahre war nie ein einfaches gewesen. Und jetzt hatte sich „Mrs T“ auch noch einen wahrhaft royalen Abschied von der Bühne gesichert.