In Reutlingen zu parken, kann teuer werden. Sie glauben, alles richtig zu machen, aber Sie machen alles falsch. Deshalb: lassen Sie ihr Auto unter der Achalm nicht allein. Ein Erfahrungsbericht.

Reutlingen - Es ist weg, verschwunden, wie die Taube im Zylinder des Zauberers. Nichts mehr da, an jenem schattigen Platz unter den Platanen, parallel zu einer der dreckigsten Straßen Deutschlands, der Reutlinger Lederstraße. Vor zwei Wochen habe ich mein Auto zuletzt gesehen: ordentlich abgestellt mit dem Anwohnerparkberechtigungsschein in einer Klarsichthülle unter der Windschutzscheibe. Doch als ich am Samstagabend nach einer Zugfahrt von der Nordsee zurück in den Süden an jenem Platz ankomme, wo mein Auto stand, ist die Verwunderung groß.

 

Die Polizei weiß weiter, denke ich. Geklaut, abgeschleppt, Opfer eines verlorenen Fußballspiels geworden. Als Altstadtbewohnerin ohne Garage kenne ich die üblichen Widrigkeiten. Täglich einen neuen Parkplatz suchen, nicht zu sehr ärgern, wenn ein Kratzer im Lack auftaucht oder wenn die Windschutzscheibe zerschlagen ist. Enttäuschte SSV-Reutlingen-Fans, die durch die Innenstadt zogen, hatten ihre Wut daran ausgelassen.

Der Anruf bei der Polizei ist wenig ergiebig. Nein, er könne nicht helfen, sagt der Beamte und kann meine Aufregung nicht teilen. Einfach am Montag bei der Stadt anrufen, rät er. Er hält es für möglich, dass die Baumpflegetruppe, die sich vor wenigen Tagen der mächtigen Platanen in der Lederstraße angenommen hatte, mit dem Verschwinden des Wagens zu tun hat.

Der listige Schlauchpilz hat großen Hunger

Spätestens jetzt kommt der Splanchnonema platani ins Spiel. Er ist zugewandert aus dem Mittelmeerraum, ein listiger Schlauchpilz mit großem Hunger, am liebsten nagt er an Ästen. Die fallen dann gerne herab und könnten, wie es einst die unglücklichen SSV-Fans taten, meine Autoscheibe zerschlagen.

Das will die Stadt verhindern. Und das ist gut so. Gar nicht gut ist es, sich durch Unwissenheit einen Bußgeldbescheid einzufangen. Ich muss mein Auto keinen Millimeter bewegen, um plötzlich falsch zu parken. Die Stadt will mir eine Lektion erteilen. Ich soll darüber nachdenken, was ich fahrlässigerweise alles falsch machen könnte. Der Chef des Reutlinger Ordnungsamtes erklärt mir, worauf es ankommt. Er sagt Sätze, wie: Die Straße gehört der Allgemeinheit. Oder: Sie müssen spätestens alle 96 Stunden nachschauen, ob sich die Beschilderung an jenem Ort geändert hat, an dem Sie ihr Auto abgestellt haben. So hält es das Bundesverwaltungsgericht für verhältnismäßig. Er verrät auch, dass es verboten ist, auf Hochsitze zu steigen, wie es seine Kinder getan haben, aber dass das auch keiner weiß. Er sagt noch, dass an jenem Sonntag vor der Kontrolle der Platanen in der Lederstraße, keine Zeit geblieben wäre, um die Halter der Autos zu kontaktieren, die im Weg standen. Leider.

Am Frebad darf das Fahrzeug abgeholt werden

Mein gestohlen geglaubtes Autos parkte beim Reutlinger Freibad. Dort durfte ich es abholen. Ich werde 200 Euro überweisen fürs Abschleppen und mir vornehmen, nicht zu viel nachzudenken, über all das, was ich nicht falsch machen würde, wenn ich wüsste, wie es zu vermeiden wäre. Doch nein, ich will sie mir nicht nehmen lassen, die Unverzagtheit, die Spontaneität, die Lust darauf, einfach mal wegzufahren, ohne vorher alles bis ins Kleinste geregelt zu haben. Wenn es sein muss, zahle ich dafür.