Abschluss gegen Polen Historische Pleite: Deutsche Handballer nur WM-Zwölfter

Deutschlands Handballer enttäuschen zum WM-Abschied und kehren mit der schlechtesten Platzierung der Geschichte heim. Das macht wenig Hoffnung für die Olympia-Qualifikation im März.
Kairo - Mit versteinerter Miene saß Bundestrainer Alfred Gislason minutenlang auf seinem Stuhl und suchte nach ersten Erklärungen für die historische WM-Pleite der deutschen Handballer.
Nach einem ernüchternden 23:23 (11:12) gegen Polen kehrt die DHB-Auswahl als WM-Zwölfter mit der schlechtesten Platzierung in der Verbandsgeschichte von den Titelkämpfen in Ägypten zurück. Bei der enttäuschenden Abschiedsvorstellung am Montag in Kairo waren Philipp Weber und David Schmidt mit jeweils vier Toren beste Werfer für das Gislason-Team. Das bisher schwächste Abschneiden einer DHB-Auswahl gab es vor zehn Jahren mit Rang elf in Schweden.
"Wir sind extrem schlecht mit unseren Chancen umgegangen und haben den Torwart warm geschossen. Zudem machen wir zu viele technische Fehler", kritisierte Gislason. "Es war ein zerfahrenes Spiel." Kapitän Uwe Gensheimer war ebenfalls nicht zufrieden: "Wir haben nicht an unser gutes Angriffsspiel anknüpfen können und wurden dann hektisch." Torwart Andreas Wolff bewahrte die deutsche Mannschaft mit einer Parade in letzter Sekunde vor der dritten Turnierpleite.
Schon vor dem Polen-Spiel hatte die nach neun Absagen neuformierte deutsche Mannschaft durch Niederlagen gegen Ungarn und Europameister Spanien vorzeitig das Viertelfinale verpasst. Nun kehren sie am Dienstag nicht nur zum fünften Mal in Serie ohne Medaille von einem Großereignis in die Heimat zurück, sondern auch ohne das erhoffte Erfolgserlebnis zum WM-Abschluss. Das bislang letzte Edelmetall für die DHB-Auswahl hatte es 2016 mit Olympia-Bronze gegeben.
Die Sommerspiele sind auch das nächste große Ziel, für das sich die Gislason-Truppe Mitte März in Berlin aber erst einmal qualifizieren muss. Die Partie gegen Polen war daher schon als Test geplant für das Vierer-Turnier mit Schweden, Slowenien und Algerien, bei dem zwei Tokio-Tickets vergeben werden. Doch die Chance, sich Selbstvertrauen für die schwere Aufgabe zu holen, wurde nicht genutzt.
Dabei parierte Stammtorwart Wolff, der im Turnierverlauf kaum überzeugen konnte, gleich zu Beginn einen Siebenmeter. Das blieb jedoch ein ganz seltenes Erfolgserlebnis für den Europameister von 2016, denn seine Vorderleute kamen nicht auf Betriebstemperatur. In der Abwehr klafften oft große Lücken, die die Polen dankbar nutzten. Zudem wurden im Angriff viele Chancen leichtfertig vergeben. Gleich zehnmal scheiterten die deutschen Spieler in der ersten Halbzeit an Polens Torwart Adam Morawski. Die Trefferquote betrug in den ersten 30 Minuten nur 46 Prozent.
Nach acht Minuten stand erst ein Treffer zu Buche, in der 19. Minute lag die Gislason-Truppe beim 6:9 mit drei Toren zurück. Dem Bundestrainer gefiel das wilde Treiben auf dem Parkett gar nicht. Dennoch nahm der 61 Jahre alte Isländer erst vier Minuten vor der Pause eine Auszeit, um korrigierend einzugreifen.
Auch nach dem Wechsel wurde es nicht besser. Sechs Minuten lang gelang kein Treffer, was Gislason auf die Palme brachte und beim 11:15 zu einer weiteren Auszeit nötigte. "Ihr habt vier technische Fehler gemacht, einer dümmer als der andere", schimpfte er lautstark.
Doch es dauerte lange, bis sich seine Schützlinge fingen. Erst zehn Minuten vor dem Ende schaffte das deutsche Team beim 18:19 wieder den Anschluss und kurz darauf den Ausgleich. In der Schlussphase verwarf Marcel Schiller beim 22:22 einen Siebenmeter, wenig später traf er von Außen. Zum Sieg reichte es dennoch nicht.
Indes hat Katar durch einen 26:25-Sieg gegen Argentinien das letzte Ticket für das Viertelfinal gelöst. Der WM-Zweite von 2015 profitierte von der anschließenden 26:38-Niederlage des EM-Zweiten Kroatien gegen Titelverteidiger und Gruppensieger Dänemark. Mit 6:4 Zählern belegte Katar in der Hauptrundengruppe II dank des gewonnenen Direktvergleichs gegen die punktgleichen Argentinier den zweiten Platz und trifft nun im Viertelfinale am Mittwoch auf Schweden. Dänemark bekommt es mit Gastgeber Ägypten zu tun.
Zuvor hatte sich Europameister Spanien durch ein 36:28 (21:14) gegen Ungarn den Sieg in der deutschen Hauptrundengruppe I gesichert. Die Spanier treffen im Viertelfinale auf den EM-Dritten Norwegen um Superstar Sander Sagosen vom deutschen Rekordmeister THW Kiel. Ungarn bekommt es mit Rekord-Weltmeister Frankreich zu tun.
© dpa-infocom, dpa:210125-99-167589/4
Unsere Empfehlung für Sie

Nationalmannschaft Löw "muss liefern" - Tür für Müller und Co. noch zu
Joachim Löw will um seinen Bundestrainer-Job kämpfen. Die EM wird entscheidend - und dem Turniererfolg will er alles unterordnen. Sogar den Umbruch könnte er aussetzen und ein Weltmeister-Trio zurückholen.

Nordische Ski-WM Deutsche Langläufer in Oberstdorf chancenlos
Am ersten Wochenende der Heim-WM kommt für die deutschen Langläufer viel Schlechtes zusammen. Sportlich kann das Team nicht mithalten, dazu hat es ganz viel Pech.

2. Liga Bochum und Kiel vorne - Siege für Sandhausen und Heidenheim
Das Aufstiegsrennen in der 2. Liga bleibt spannend. Bochum und Kiel haben den vor dem Hamburger Stadtderby auf Platz vier abgerutschten Top-Favoriten HSV unter Druck gesetzt.

Langstrecken-Ass Klosterhalfen rennt in Texas deutschen 10.000-Meter-Rekord
Konstanze Klosterhalfen war 2020 aufgrund einer Verletzung kaum zu sehen. Jetzt hat sich die Olympia-Hoffnung der deutschen Leichtathletik mit einem fulminanten Rennen in den USA zurückgemeldet.

Nordische Ski-WM Skisprung-Ass Geiger erklimmt nächsten Gipfel
Zwei Monate nach dem Tournee-Erfolg hat Karl Geiger das nächste Glanzlicht in seiner Heimat Oberstdorf gesetzt. WM-Silber im eigenen Wohnzimmer macht den Allgäuer besonders stolz.

Wintersport in Oberstdorf Deutsche Nordische Kombinierer gewinnen Silber bei Heim-WM
Zweiter Wettkampf, erste Medaille für die deutschen Kombinierer: Das Quartett von Hermann Weinbuch gewinnt bei der Weltmeisterschaft in Oberstdorf Silber. Beim Bundestrainer sorgt das nicht für grenzenlose Freude.