Die Bahn will bei Stuttgart 21 Kosten sparen. Dazu soll das Konzept für den Abstellbahnhof in Untertürkheim abgespeckt und Einsparungen in Höhe von 130 bis 150 Millionen Euro erzielt werden. Minister Hermann sieht diese Pläne mit Skepsis.

Stuttgart - Die Bahn überarbeitet ihre Planungen im Zuge des Projekts Stuttgart 21 für den Abstellbahnhof Untertürkheim. Die sowohl in der Zuführung als auch in der Ausstattung geänderten Pläne sollen die Kosten verringern. Es ist von Einsparungen zwischen 130 und 150 Millionen Euro die Rede. Wie viel der Abstellbahnhof kostet, sagt die Bahn nicht. Vor Jahren war insgesamt von mehr als 500 Millionen Euro die Rede. Offenbar will die Bahn künftig einige Fernzüge auch in den bestehenden kleineren Bahnhöfen in Münster und in Obertürkheim abstellen.

 

Allerdings gibt es Zweifel, ob die Bahn mit dem „optimierten Betriebskonzept“, so der Bahn-Vorstand Volker Kefer, die Züge in gleicher Qualität verkehren lassen kann. „Wir haben erhebliche Bedenken“, sagte der Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nach der jüngsten Lenkungskreissitzung, „wir wollen auf keinen Fall, dass die Leistungsfähigkeit reduziert wird.“

Nach diesem ersten Schlagabtausch auf der Lenkungskreissitzung über die geänderten Planungen erklärte der S-21-Projektsprecher Wolfgang Dietrich, dass „die Bahn hierzu derzeit in Abstimmung mit den Projektpartnern“ sei. Das betreffe vor allem die betriebliche Simulation der künftigen Zu- und Abfahrten auf dem Abstellbahnhof. „Die modifizierte Planung sieht gegenüber der Planung aus dem Jahr 2009 eine geänderte Zuführung zum Abstellbahnhof vor“, erklärte Dietrich schriftlich auf eine Anfrage der Stuttgarter Zeitung, „der Abstellbahnhof soll dabei über die gleichen Parameter verfügen.“ Durch den Wegfall von zwei Überwerfungsbauwerken sehe die Bahn aber die Möglichkeit, „Kostenvorteile zu realisieren“. Überwerfungsbauwerke sind dazu da, sich überschneidende Gleise auf unterschiedlichen Ebenen über eine Kreuzungsstelle zu führen – in Form von Brücken oder Unterführungen.

Bahn geht von 8856 Meter Abstellgleisen aus

Im Betriebskonzept könnte es zu Problemen kommen, weil Züge, die den Abstellbahnhof nutzen, auf den unterirdischen Schienenstrang geleitet werden müssen, der vom Hauptbahnhof ins Neckartal führt und bei Obertürkheim auf die bestehende Trasse schwenkt. Zudem kann die Abstellanlage nicht von allen Gleisen des neuen Tiefbahnhofs erreicht werden. In Stuttgart anfahrende oder endende Züge können in dem Durchgangsbahnhof nicht mehr bereitgestellt werden wie im bestehenden Kopfbahnhof, sondern müssen in die Zugabfolge auf den einzelnen Bahnsteigen ein- und ausgefädelt werden.

Zieht man die Unterlagen des Lenkungskreises zurate, sollen gegenüber der Ursprungsplanung nicht nur zwei Überwerfungsbauwerke wegfallen. Die Punkte „Komplettumbau des alten Güterbahnhofs“ und „Technischer Servicepunkt“ tauchen nicht mehr auf. Statt zwei ist noch eine Innenreinigungsanlage vorgesehen. Auf eine Tankstelle wird verzichtet, eine Werkstatthalle ist neu aufgeführt. Neu ist auch, dass die „vorhandene Infrastruktur in Münster und Obertürkheim“ für das Abstellen genutzt werden soll. Nun geht die Bahn von 8856 Metern an Abstellgleisen aus, in den auf Untertürkheim konzentrierten Planungen waren es 7429 Meter.

Projekt Güterbahnhof hat eine lange Planungsgeschichte

Der neue, sich über 1,5 Kilometer ausdehnende Abstellbahnhof in Untertürkheim auf dem Areal des heutigen Güterbahnhofs soll künftig mit zwei Gleisen und einem 2,8 Kilometer langen Tunnel an den Tunnel zwischen dem Hauptbahnhof und Obertürkheim angeschlossen werden. Der Abstellbahnhof ersetzt die heute am Rosensteinpark liegende Anlage.

Das Projekt Güterbahnhof ist neben dem Filderabschnitt und Umbauten im Ulmer Hauptbahnhof der einzige Bereich von S 21 und der Neubaustrecke, der noch nicht genehmigt ist. Die Bahn hatte die bereits ausgelegten Pläne 2010 zurückgezogen, um die Spurpläne zu modifizieren. Zudem werde ein neues Lärmschutzgutachten erarbeitet, hieß es damals. Mehrere Seiten, darunter auch die Stadt Stuttgart, haben bemängelt, dass die Belange der Anwohner nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Beide Punkte würden laut Kommunikationsbüro Eingang in den Fortgang des Planfeststellungsverfahren finden, „sobald sie bahnintern final abgestimmt sind“.

Erforderlich ist auch ein Artenschutzkonzept, weil in dem bestehenden Gleisbett zwischen Augsburger Straße und Benzstraße zahlreiche Eidechsen leben. An dem ursprünglichen Bahn-Konzept, sie aufzusammeln und in einer Voliere wieder auszusetzen, wurde seitens der Naturschutzverbände massive Kritik geübt.

Nach den Terminplänen soll mit den Rohbauarbeiten für den Abstellbahnhof im Jahr 2017 begonnen werden. Zuvor muss das Verfahren bis zur Genehmigung der Pläne durch das Eisenbahn-Bundesamt abgewickelt werden. Der Bereich sei nicht auf einem „zeitkritischen Pfad“, heißt es.