Der TV Rottenburg, fast schon abgeschrieben, hat vor dem Saisonfinale in der Volleyball-Bundesliga wieder Aussicht auf den Klassenverbleib. Allerdings wartet zum Abschluss ein übermächtiger Gegner auf die Mannschaft.

Rottenburg - Am Saisonbeginn stand der Traum von einem Halbfinale. Hans Peter Müller-Angstenberger traute seinem jungen Team zu, in Liga oder Pokal ein Zeichen zu setzen. Es geht aufwärts – das war die optimistische Grundstimmung bei dem Trainer des Volleyball-Bundesligisten TV Rottenburg. Es kam anders.

 

Vor dem Saisonfinale steht die Angst, dass es abwärts geht, dem TVR droht der Abstieg. Letztlich, sagt Müller-Angstenberger, „haben wir versagt“. Ein Spiel haben die Rottenburger in der Hauptrunde noch – am Samstag (19.30 Uhr) in der Tübinger Paul-Horn-Arena gegen den mächtigen VfB Friedrichshafen, wenn der Libero Willy Belizer nach 15 Jahren bei den Rottenburgern seine Karriere beendet.

Die Hoffnung auf den Klassenverbleib ist wiederbelebt

Ende Januar war beim TVR der Tiefpunkt erreicht. Drei Monate lang waren die Rottenburger nach dem 3:1-Auftaktsieg gegen KW-Bestensee vergeblich dem zweiten Erfolgserlebnis hinterhergerannt. Die 2:3-Heimpleite gegen den Tabellenletzten CV Mitteldeutschland raubte den letzten Glauben an eine Wende. „Da waren wir weg“, sagt Müller-Angstenberger.

Der Trainer musste immer wieder improvisieren, denn das Prunkstück Außenangriff war eine stumpfe Waffe. Dirk Mehlberg wurde von Ellenbogenproblemen fast drei Viertel der Saison ausgebremst, Moritz Karlitzek verbrühte sich beim Inhalieren und fehlte lange. Und schließlich fiel Tom Strohbach in ein Leistungstief und stand häufiger neben als auf dem Feld. Der Nationalspieler musste einiges verdauen – vom geplatzten Olympia-Traum mit der Nationalteam bis zum Abstiegskampf mit dem TVR. „Er war vollkommen leer“, sagt Müller-Angstenberger.

Nach dem 2:3 gegen Mitteldeutschland, so der TVR-Trainer, sei das Team „an den Punkt gekommen, wo wir den Abstieg akzeptiert haben“. Mit dem Effekt, dass offenbar Druck von so manchem Spieler abgefallen ist. Die Folge war der 3:1-Überraschungssieg gegen Düren zwei Wochen später. „Der hat unheimlich viel Auftrieb gegeben“, sagt der Mittelblocker Felix Isaak. Es folgte der dritte Saisonerfolg am Samstag gegen die VSG Coburg/Grub (3:0). Die Hoffnung ist wiederbelebt.

Konkurrent VSG Coburg/Grub droht weiterer Punktabzug

Die Rechenspiele haben längst begonnen. Die Rottenburger (14 Zähler) haben einen Punkt Vorsprung vor CV Mitteldeutschland und den Netzhoppers KW-Bestensee (je 13) und damit auch dem einzigen Absteigerplatz, aber auch eine Begegnung weniger als die Konkurrenten. Die können noch an zwei Spieltagen punkten, der TVR hat nur noch eine Partie vor sich.

Die wahrscheinlichere Erfolgsvariante für einen Rottenburger Ligaverbleib spielt sich indes nicht auf der sportlichen Ebene ab. Denn seit dem Wochenende droht auch der VSG Coburg/Grub der Fall in die Zweitklassigkeit – mindestens. Dem Tabellenviertletzten wurden wegen Verstößen gegen die Auflagen im wirtschaftlichen Lizenzierungsverfahren drei Punkte abgezogen, womit er nun ebenfalls 14 Zähler hat. Sollten die fehlenden Unterlagen nicht bis Ende dieser Woche bei der Liga eingehen, droht weiterer Punktabzug.

Die Coburger haben Probleme, den Etat zu stemmen. Der wird in der Volleyball-Bundesliga (VBL) auch von einem Masterplan bestimmt, den die Liga 2013 verabschiedet hat – mit dem Ziel, die Professionalisierung voranzutreiben. Für Coburg bedeutet dies unter anderem die Finanzierung von zwei hauptamtlichen Stellen.

Masterplan ist für den TV Rottenburg „ein Desasterplan“

Auch den TV Rottenburg trifft der Plan hart. Der Club tritt als langjähriges Mitglied des Oberhauses jetzt in die höchste Lizenzierungsstufe ein – und rechnet mit bis zu 100 000 Euro Mehrkosten. Denn im achten Jahr erste Liga fordert die VBL unter anderem einen speziellen Boden, der für jedes Spiel verlegt werden muss, LED-Banden und zusätzliche hauptamtliche Stellen. Zudem dürfen in der sogenannten „zweiten Reihe“, also beispielsweise an den Tribünen, keine Sponsoren mehr präsentiert werden. „Für uns ist das kein Master-, sondern ein Desasterplan“, sagt Norbert Vollmer, der Geschäftsführer des Gesamtvereins. Schlimmer wäre nur der Abstieg.