Die EU-Kommission will Einsatz von Unkrautvernichtungsmittel um 18 Monate verlängern, am Montag wird abgestimmt.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Die EU-Kommission schlägt vor, die Zulassungsgenehmigung für das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat von Juli an um 18 Monate zu verlängern. Zudem will Lebensmittelkommissar Vytenis Andriukaitis den EU-Ländern empfehlen, das Mittel nicht mehr in öffentlichen Parks und Spielplätzen und direkt vor der Ernte einzusetzen. Darüber sollen am Montag die Mitgliedsländern in Brüssel abstimmen.

 

Zunächst war eine erneute Zulassung des weit verbreiteten Mittels um weitere 15 Jahre im Gespräch. Das EU-Parlament wollte lediglich eine Verlängerung um sieben Jahre. Die 18 Monate, die die Kommission nun vorschlägt, sind ein weiteres Zugeständnis an die Kritiker: Am Ende soll die EU-Chemikalienbehörde ein weiteres Gutachten zu den Risiken vorlegen.

Für diese Verlängerung wird ein „Ja“ von Ländern benötigt, die mindestens 65 Prozent der EU-Einwohner repräsentieren. Da Frankreich und Italien nicht zustimmen wollen, kommt Deutschland eine Schlüsselrolle zu. Nach derzeitigem Stand muss sich Deutschland enthalten, weil Union und SPD uneins sind. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) will nicht zustimmen, Agrarminister Christian Schmidt (CSU) ist dafür. 19 von 28 EU-Ländern haben sich für die weitere Zulassung ausgesprochen, darunter England und Spanien. Die Niederlande, Portugal und Österreich wollen wie Deutschland abstimmen. Damit zeichnet sich ab, dass der Vorschlag am Montag wohl keine Mehrheit bekommt.

Die Zulassung läuft Ende Juni aus. Dennoch ist nicht garantiert, dass das Mittel dann aus der EU verbannt wird. Die Kommission hat nämlich das letzte Wort. Dabei muss sie sich an das Votum der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit halten. Andernfalls könnten die Hersteller klagen, Beobachter bescheinigen ihnen gute Erfolgsaussichten vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Auch Kommissar Andriukaitis macht kein Hehl daraus, dass er für die Verlängerung ist: „Es geht nicht um eine politische Entscheidung.“ Vielmehr sei eine Entscheidung auf wissenschaftlicher Basis gefordert. Die Zulassungskriterien von Pflanzenschutzmitteln in der EU seien die strengsten weltweit.

Um die Gefahren von Glyphosat tobt ein erbitterter Streit. Kritiker halten es für krebserregend. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA kommt zu dem Ergebnis, dass der Wirkstoff keinen Krebs auslöst. Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab es zuletzt ebenfalls diese Auskunft. Allerdings hat eine andere Abteilung der WHO auch schon vor den Gefahren gewarnt.

Unumstritten ist, dass Glyphosat ökologisch bedenklich ist. Die Artenvielfalt leidet darunter, das Mittel trägt dazu bei, dass immer mehr Pflanzen- und Tierarten aussterben. Der Wirkstoff wird im großen Stil eingesetzt. Allein in Deutschland wurden 2014 5426 Tonnen an Unkrautvernichtungsmittel verkauft, die Glyphosat enthielten. Auf 40 Prozent aller deutschen Äcker wird die Substanz ausgebracht.